DGP 2024: Pneumologie an Schnittstellen20. März 2024 Die Präsidenten des Pneumologie-Kongresses 2024 in Mannheim: Hubert Schädler und Michael Kreuter (v.l.). Foto: © Mike Auerbach Gleich zwei Kongresspräsidenten zeichnen in diesem Jahr für ein abwechslungsreiches Programm des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin mit rund 100 wissenschaftlichen Symposien verantwortlich. Prof. Michael Kreuter (Direktor des Lungenzentrums Mainz als Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Beatmungs- und Schlafmedizin am Marienhaus Klinikum in Mainz und Direktor der Pneumologie der Universitätsmedizin Mainz) und Dr. Hubert Schädler (niedergelassener Pneumologe in Heidelberg) stehen dabei stellvertretend für das Kongressmotto „Pneumologie – sektorenübergreifend, modern und lebendig“. Im Interview berichteten sie über einige Besonderheiten des diesjährigen Tagungsprogramms. Herr Professor Kreuter, Herr Dr. Schädler, Teil des diesjährigen Kongressmottos ist das sektorenübergreifende Arbeiten, das auch im ersten Präsidentensymposium thematisiert werden wird. Gibt es aus Ihrer Sicht ein pneumologisches Krankheitsbild, bei dem eine funktionierende Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung besonders wichtig ist und vielleicht noch verbessert werden könnte? Wo liegen generell die Herausforderung der sektorenübergreifenden Versorgung? Kreuter: Es gibt nicht nur EINE sondern viele, vielleicht sogar alle Lungenerkrankungen bei denen eine funktionierende Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wichtig ist. Fangen wir bei den „Volkserkrankungen“ COPD, Asthma, Pneumonie und Lungenkarzinom an. Auch wenn COPD und Asthma in die Hände erfahrener niedergelassener KollegInnen gehören, müssen die Betroffenen bei Komplikationen, das heißt akuten Exazerbationen, stationär behandelt werden – und dies müssen wir gut untereinander kommunizieren, da es Änderungen in der Langzeittherapie zur Folge haben kann. Daneben werden von vielen großen Lungenzentren, wie zum Beispiel meinem in Mainz, Therapiemethoden angeboten, die nur stationär erfolgen können, wie die Lungenvolumenreduktionstherapie – dazu muss der/die Niedergelassene die Indikationen und Risiken dieser Therapieform kennen und geeignete Patienten zur weiteren Evaluation in diese Zentren überweisen. Stichwort Pneumonie – je besser wir gemeinsam unsere hausärztlich tätigen KollegInnen bezüglich der Entwicklungen der Prävention und Therapie der Pneumonie und deren Risikofaktoren informieren, desto weniger schwer Erkrankte werden wir haben, die in die Kliniken müssen – Stichwort Impfungen! Aber andersherum müssen wir in der Klinik unseren niedergelassenen KollegInnen mitteilen, dass und wann eine bildgebende Kontrolle nach einer Pneumonie relevant sein kann, um nicht einen versteckten Tumor zu übersehen. Der aktuell relevanteste Punkt ist aber vielleicht das Lungenkarzinom – eine der häufigsten und tödlichsten Tumorerkrankungen. Sektorenübergreifende Zusammenarbeit ist in diesem Feld sehr komplex, da die Diagnostik zunehmend ambulant erfolgen soll. Gleiches gilt für viele Therapieformen und die Nachsorgen. Gerade innerhalb der Lungenkrebszentren ist eine sehr enge intersektorale und interdisziplinäre Vernetzung sehr wichtig, um die Betroffenen optimal behandeln zu können. Als letztes, komplexes Beispiel einer guten intersektoralen Vernetzung möchten wir seltene Lungenerkrankungen wie die interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) nennen. Es gibt bereits sehr gute Ansätze einer gemeinsamen Versorgung, angefangen bei der Diagnostik über gemeinsame (evtl. virtuelle) ILD-Boards bis hin zur gemeinsamen Therapie. Aber anhand all dieser Beispiele sieht man auch die Schwierigkeiten der intersektoralen Versorgung – die PatientInnen, die ja oft älter und komorbide sind, müssen häufig zu vielen ambulanten Terminen. Wir müssen uns daher besser vernetzen, was Terminabsprachen und Therapieänderungen angeht. Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Schädler: Ich möchte an dieser Stelle noch ergänzen, dass wir nicht nur eine Schnittstelle zwischen ambulant und stationär haben, sondern im Rahmen der zunehmenden Ambulantisierung im Krankenhausbereich auch eine wachsende ambulant/ambulante Schnittstelle zwischen pneumologischer Praxis und pneumologischer Fachambulanz am Krankenhaus, wo dann zum Beispiel die Bronchoskopie, das Tumor- oder das ILD-Board stattfindet. Und diese Schnittstelle ist meines Erachtens nach noch deutlich herausfordernder, da sowohl in der pneumologischen Praxis als auch in der Krankenhausambulanz sämtliche Informationen auf den Punkt am Vorstellungstag vollständig vorliegen müssen, um adäquate Diagnostik- und Therapieentscheidungen treffen zu können. Ich denke, hier gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten zu Verbesserungen, und an dieser Schnittstelle könnte man sicherlich viele Doppeluntersuchungen einsparen und sich somit auch gegenseitig entlasten. Voraussetzung hierfür sind unter anderem gute Kommunikationskanäle, gemeinsame Standards und eine funktionierende Struktur zum unkomplizierten Befundaustausch. An diesem Punkt möchte ich gerne noch Werbung für eines unserer Präsidentensymposien mit dem Titel „Road to Perdition oder Aufbruch – Ambulantisierung in der Pneumologie“ machen, das ich allen Interessierten empfehlen kann (Donnerstag, Raum Johann Wenzel Stamitz, Rosengarten, E+1; 14.30–16 Uhr). Herr Professor Kreuter, auf dem Programm steht ein Präsidentensymposium mit dem gefährlich klingenden Titel „Lungs on Fire“. Wie kam es zu dem Namen und was steckt hinter dem Konzept der Veranstaltung? Unterscheidet sie sich von den bekannten interaktiven Falldarstellungen mit TED-Abstimmung? Kreuter: „Lungs on Fire“ ist ein Konzept, das ich von der Europäischen Lungenfachgesellschaft, der ERS, mitbringe – eine tolle Veranstaltung, bei der ich schon oft aktiv teilnehmen durfte. Was ist die Idee? Die Idee ist, Experten auf den „heißen“ Stuhl zu setzen, das heißt komplexe Fälle gemeinsam zu diskutieren und gemeinsam zu lösen, während gleichzeitig das Auditorium mit-„raten“/diskutieren soll. Mit dem Konzept, Experten auf die Bühne zu bringen, die Informationen zu diskutieren und dabei den Zuhörenden Gedankengänge in der Lösung schwieriger Fälle nahezubringen, unterscheidet sich dieses von anderen Formaten. Was heißt „Lungs on Fire“ noch? Für mich, dass wir alle für unser Fach, die Pneumologie, brennen. Können Sie einen kurzen Ausblick geben, welche Themen die Kongressteilnehmer beim Symposium „Best of ‚Pneumo meets?‘“ erwarten? Was gibt es bemerkenswertes Neues an den interdisziplinären Schnittstellen zwischen Pneumologie und Kardiologie, Gastroenterologie, Rheumatologie oder Endokrinologie? Kreuter: Schon vor vielen Jahren haben wir dieses Format mit mehreren Mitstreitern für den DGP-Kongress entwickelt – heutzutage findet man es (berechtigterweise) auf vielen Kongressen. Die Idee ist, die Lunge im Kontext anderer Fachdisziplinen zu sehen. Beispiel jüngster Entwicklungen ist die Erkenntnis, wie häufig und leider auch schwerwiegend Lungenmitbeteiligungen bei rheumatoider Arthritis oder Sklerodermie sind – und leider immer mit einer hohen Mortalität assoziiert. In der Gastroenterologie beispielsweise gibt es seltene Mitbeteiligungen wie bei Morbus Crohn/Colitis ulcerosa oder der primär biliären Cholangitis. Viel häufiger aber steht der Reflux im Fokus. Endokrinologie und Lunge ist uns allen noch relativ fremd – jüngste Untersuchungen zeigen allerdings, dass Diabetiker häufig eine Restriktion in der Lungenfunktion haben, manchmal auf dem Boden einer ILD. Herr Dr. Schädler, in einem Symposium unter Ihrem Vorsitz wird es unter dem Titel „Pneumologische Leit(d)Symptome und Befunde – wenn (k)eine Leitlinie hilft“ um herausfordernde Alltagssituationen in der klinischen Praxis gehen. Welches häufige Problem kommt Ihnen da als erstes in den Sinn und wie können die Inhalte des Symposiums dabei helfen? Gibt es aus Ihrer Sicht eine Leitlinie, bei der speziell Handlungsbedarf für ein Nachschärfen besteht? Schädler: Bei dem Symposium geht es nicht um eine spezielle Leitlinie, sondern eher um eine generelle Herausforderung. Wie in allen Fachbereichen gab es auch in der Pneumologie in den vergangenen Jahren eine zunehmende Anzahl an Leitlinien, die in vielen Fällen auch eine gute Hilfestellung darstellen. Dennoch ist man in der Praxis regelhaft mit Fällen konfrontiert, für die es keine konkreten Empfehlungen gibt, oder bei denen man auch nach Abarbeitung von vorhandenen Leitlinien nicht weiterkommt. Das ist der Punkt, an dem unsere Kreativität und unser Ehrgeiz im Besonderen gefragt sind, um den betroffenen Patienten eine Hilfestellung anzubieten. Und genau an dieser Stelle möchten wir bei unserem Symposium ansetzten und Handlungsstrategien bezüglich Diagnostik und Therapie in solchen Situationen aufzeigen. Hierfür haben wir exemplarisch vier praxisrelevante Themen ausgewählt: Husten, Dyspnoe, Rundherd und Zysten sowie Blutbiomarker. Dieses Symposium spiegelt daher unsere täglichen Herausforderungen sehr genau wider. Herr Professor Kreuter, Herr Dr. Schädler, wir danken Ihnen für das Gespräch. (ac) Kreuter/Schädler: Wir danken Ihnen und wünschen allen Teilnehmenden schöne, lehrreiche und spannende Tage in Mannheim. Dieses Interview erscheint auch in den Pneumologischen Nachrichten, die ab dem 21. März vor Ort auf dem Mannheimer Kongress erhältlich sind. Veranstaltungshinweise: Präsidentensymposium 03: Road to Perdition oder Aufbruch – Ambulantisierung in der Pneumologie Donnerstag, 21. März, 14.30–16 Uhr Raum Johann Wenzel Stamitz (Rosengarten, E+1) Präsidentensymposium 02: Lungs on Fire Donnerstag, 21. März, 11–12.30 Uhr Raum Johann Wenzel Stamitz (Rosengarten, E+1) Präsidentensymposium 04: Best of „Pneumo meets…“ Freitag, 22. März, 9–10.30 Uhr Raum Johann Wenzel Stamitz (Rosengarten, E+1)
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