DGRh: Dringend Weichen für angemessene Versorgung stellen29. August 2024 Foto: Tobif82/stock.adobe.com Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat ein neues Memorandum zur rheumatologischen Versorgung in Deutschland vorgelegt: Ideal wäre eine Versorgung sechs Wochen nach Symptomebeginn, dazu brauche es mehr Fachärzte. Das neue DGRh-Memorandum bestätigt: die Zahl der Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist gestiegen und beträgt derzeit deutschlandweit 1,8 Millionen. Da eine rechtzeitige, früh begonnene Therapie für den Erfolg der Behandlung besonders wichtig ist, müssen Rheumapatientinnen und -patienten früh rheumatologisch behandelt werden. Erklärtes Ziel der DGRh ist es, dass dies innerhalb von sechs Wochen nach den ersten Symptomen geschieht. Dies gelingt in den meisten Regionen Deutschlands bisher nicht. Ein Grund dafür ist die zu geringe Zahl an rheumatologischen Fachärzt:innen. Die Fachgesellschaft fordert die Entscheidungsträger:innen im Gesundheitssystem auf, dringend Weichen für eine angemessene rheumatologische Versorgung heute und in Zukunft zu stellen und formuliert im Memorandum Lösungsansätze. Die gute Nachricht des Memorandums: Menschen mit Rheuma leben heute länger als noch vor zwei Jahrzehnten. Denn große Fortschritte in der rheumatologischen Behandlung ermöglichen Betroffenen heute eine gute Lebensqualität. „Bei frühzeitiger adäquater Therapie ist die Lebensführung bei den meisten Patientinnen und Patienten kaum noch eingeschränkt“, sagt Prof. Christof Specker, Präsident der DGRh und einer der Autoren des Memorandums. Jedoch beträgt die Wartezeit auf einen ersten Termin in einer rheumatologischen Praxis oder Klinikambulanz nicht selten mehr als drei Monate. Hauptursache sei ein personeller Mangel: Es gibt zu wenige Fachärztinnen und -ärzte für Rheumatologie, erklärt Specker, Direktor der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte: „Um dies nachhaltig zu ändern, müssen wir schon früh ansetzen und mehr Studentinnen und Studenten für unser hochinnovatives Fach begeistern“. Zurzeit verfügen nur zehn von 38 staatlichen Universitäten über einen eigenständigen rheumatologischen Lehrstuhl. „Dadurch kommen zu wenig Medizinstudierende mit der Rheumatologie in Kontakt,“ so Specker. Die DGRh fordert, dass Studierende an jeder medizinischen Fakultät in Deutschland ein adäquates rheumatologisches Lehrangebot erhalten und dass zukünftig wenigstens jede zweite medizinische Fakultät über einen rheumatologischen Lehrstuhl verfügt. Ende 2023 gab es in Deutschland 1164 Fachärztinnen und -ärzte für Rheumatologie. Rund 30 Prozent davon sind 60 Jahre und älter. Allein im ambulanten Bereich fehlen schon jetzt etwa 700 Rheumatolog:innen. Um diese Lücke zu schließen, ist eine Ausweitung der rheumatologischen Weiterbildung essenziell und dringlich zu fordern: „Die Anzahl der Stellen für rheumatologische Assistenzärztinnen und -ärzte muss sich am Versorgungsbedarf der Bevölkerung orientieren“, benennt Erstautor Prof. Jürgen Braun eine weitere Forderung der DGRh. „Dafür muss es gelingen, bis zum Jahr 2029 zusätzliche 100 rheumatologische Weiterbildungsstellen im ambulanten und stationären Bereich zu schaffen“, so Braun. Das Memorandum formuliert dafür verschiedene Lösungsansätze, wie etwa die Förderung einer sektorenübergreifenden Verbundweiterbildung. „Sehr wirksam wäre auch eine anteilige Finanzierung der Weiterbildung durch die Kostenträger, das heißt Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen“, so der Rheumatologe, der jetzt ein rheumatologisches Versorgungszentrum in Berlin-Steglitz leitet. Um Versorgungsengpässe zu reduzieren, setzen vielfältige Initiativen auf Frühsprechstunden, Delegation ärztlicher Leistungen an rheumatologische Fachassistent:innen, strukturierte Patientenschulungen und digitale Versorgungskonzepte. „Diese sind zwar meist erfolgreich, aber in der Regel nicht ausreichend finanziert“, erläutert die Wissenschaftlerin Dr. Katinka Albrecht vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ), die für das Memorandum große Teile des umfangreichen Zahlenwerks recherchiert und erstellt hat. Gemeinsam mit ihren Partnern fordert die DGRh die handelnden Personen in Politik und Gesundheitswesen deshalb auf, die rheumatologische Versorgung im Interesse von fast zwei Millionen Betroffenen nachhaltig zu verbessern. Die 4. Neuauflage des Memorandums wurde unter Führung der DGRh gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), dem Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA), der Deutschen Rheuma-Liga (DRL) und dem Deutschen Rheumaforschungszentrum (DRFZ) erstellt.
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