DGSM-Aktionstag „Erholsamer Schlaf“

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Am 21. Juni ist der Tag am längsten und die Nacht am kürzesten: Deshalb macht die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) mit einem Aktionstag „Erholsamer Schlaf“ auf die Relevanz von Schlaf, Schlafmedizin und Schlafstörungen aufmerksam. In diesem Jahr stehen die Themen Insomnie, Schlafapnoe bei Erwachsenen und Kindern sowie telemedizinische Behandlungsansätze im Fokus.

„Eines der wichtigen Themen ist die Telemedizin“, betonte DGSM-Präsident Prof. Peter Young und wies in diesem Zusammenhang auf den vermehrten Einsatz der Telemedizin im Zuge der Corona-Pandemie hin. Diese habe auch strukturelle Auswirkungen in der Schlafmedizin, so habe die Verschiebung elektiver Therapien und Diagnostik teilweise dazu geführt, dass Schlaflabore ganz geschlossen wurden. Man hätte einen Stau an Patienten erlebt, der sich erst langsam wieder löse, so Young. Er betonte aber, dass Schlaflabore den Patienten eine sichere Schlafdiagnostik bieten könne, auch wenn die Pandemie die Schlafmedizin vor „strukturelle Herausforderungen“ stelle. Aber das SARS-CoV2-Virus beeinflusst den Schlaf auch direkter: Young erläuterte, dass COVID-19-Patieten mit schwerem Verlauf und intensivmedizinischer Behandlung danach oft unter Ein- und Durchschlafstörungen litten.

DGSM-Vorstandsmitglied Dr. Hans-Günter Weeß stellte erste Studienergebnisse zum Thema Schlaf und Corona vor: „Wir schlafen länger, aber schlechter. Der Schlaf ist weniger erholsam“. Länger sei der Schlaf, weil in Zeiten von Homeoffice der soziale Jetlag weniger ins Gewicht falle. Ohne den Arbeitsweg, könnten viele länger schlafen. Allerdings sei die Situation für viele auch belastend, was ein Grund für Schlafstörungen sei. Auch ohne Corona sind Schlafprobleme weit verbreitet, wie Weeß betonte: „Sechs bis zehn Prozent der Bundesbürger haben eine behandlungsbedürftige Schlafstörung.“ Er stellte außerdem klar, dass Schlafmittel „keine kausale Therapie darstellen.“ Dass Schlafstörungen so oft unbehandelt bleiben, sei „ein Armutszeugnis für das Gesundheitssystem“. Dabei stehe mit der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie eine effiziente Therapie zur Verfügung, so Weeß weiter.

„Die kognitive Verhaltenstherapie ist die empfohlene Behandlung, die aber fast niemand bekommt“, sagte Prof. Kai Spiegelhalder. Der Freiburger Neurologe stellte ein telemedizinisches Projekt zur Therapie der Insomnie vor: Dabei werden zum einen Hausärzte geschult, um eine Erstbehandlung der Patienten zu ermöglichen. Bringt diese nicht den gewünschten Erfolgt, gibt es eine Online-Therapie. Dabei sollen im Rahmen des Projektes drei verschieden Gruppen verglichen werden. Zum einen erhalten Patienten eine weitgehend automatisierte Therapie, die auf der Verhaltenstherapie basiert. Eine zweite Patientengruppe erhält wöchentlich telemedizinische Therapiesitzungen mit einem Therapeuten und für eine dritte Patientengruppe gibt es einen gemischten Ansatz. „Ich setze große Hoffnungen in das Projekt – die Versorgung könnte sich grundlegend ändern“, betonte Spiegelhalder.

Auch in Therapie und Diagnostik der Schlafapnoe hat „Corona das ganze Thema Telemedizin nach vorne gebracht“, sagte Prof. Christian Schöbel, Tagungspräsident der diesjährigen DGSM-Jahrestagung. So könne bei der ambulanten Therapiekontrolle von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA), die ein CAP-Therapie machen, Telemedizin gut zur ambulanten Therapiekontrolle eingesetzt werden. Die Geräte seien inzwischen in Lage, Daten an den behandelnden Arzt zu senden. Neue Möglichkeiten im häuslichen Umfeld Messungen durchzuführen, könnten Schlaflabore nicht ersetzten, betonte Schöbel. Allerdings ermögliche die Telemedizin hier eine bessere Vorbereitung.

Die OSA betrifft übrigens keineswegs nur Erwachsene, wie Prof. Alfred Wiader erläuterte, sie trete bereits bei Kindern und Säuglingen auf. Laut Wiader sind vor allem Kinder im Vorschul- und Grundschulalter erkrankt. Durch Schnarchen und Atempausen ist bei ihnen der Schlaf gestört und nicht erholsam, am Tag komme es zu Problemen wie Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen und Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz zu Erwachsenen kompensieren Kinder die Tageschläfrigkeit allerdings durch mehr Aktivität und Unruhe, erläuterte Wiader. So leide etwa ein Viertel der Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizitstörungen an Schlafstörungen. Allerdings sei dieser Zusammenhang noch nicht hinreichend erforscht. Bei Kindern ist die Vergrößerung der Rachen- und Gaumenmandeln die Hauptursache der OSA. Zu wenig berücksichtigt sei, dass auch Probleme mit Kiefer – etwa ein zu schmaler oder hervorstehender Kiefer – das Risiko für einer OSA erhöhe, so Wiader.

Auch Wiader wies auf die wachsende Bedeutung der Telemedizin hin und appellierte an Politik und Kostenträger die Telemedizin „auch entsprechend zu vergüten.“ Aber er betonte auch: „Der persönliche Kontakt mit den Patienten muss im Vordergrund bleiben.“ Telemedizin könne diesen lediglich ergänzen. (ja)