DGSM regt Verpflichtung zur jährlichen Kontrolle der Verkehrstauglichkeit von Berufskraftfahrern an2. November 2022 Foto: littlewolf1989/stock.adobe.com Schätzungsweise jeder 4. Unfall mit Todesfolge wird jährlich auf deutschen Autobahnen durch kurzes Einnicken verursacht, darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) im Vorfeld ihrer Jahrestagung aufmerksam. „Dabei sind Berufskraftfahrer besonderen Risiken für einen nicht erholsamen Schlaf und Sekundenschlaf am Steuer ausgesetzt“, so DGSM-Vorstandsmitglied Hans-Günter Weeß. Aufgrund der weit verbreiteten Schichttätigkeit im Transportgewerbe leiden sie häufiger an Ein- und Durchschlafstörungen. Bewegungsmangel hinter dem Steuer kann bei vielen zu Übergewicht und in der Folge schlafbezogenen Atmungsstörungen führen. Das ist aber noch nicht alles: LKW-Fahrer müssen zu jeder Jahreszeit und rund um die Uhr in einem häufig nicht klimatisierten und sehr oft zu lauten Führerstand unter schlechten Bedingungen auf überfüllten Parkplätzen am Straßenrand schlafen. „Erholsamer Schlaf ist so für viele nicht möglich. Tagesschläfrigkeit, Sekundenschlaf und Verkehrsunfälle sind die Folge. Im Transportgewerbe schätzt man, dass zwischen 20 und 40 Prozent aller Unfälle auf Müdigkeit zurückzuführen sind“, so Weeß. Eine der großen Fragen der Schlafmedizin, ist, welche Messverfahren möglichst genau die Müdigkeit und den Grad der Konzentration, also die Grundpfeiler der Fahrtauglichkeit bei Kraftfahrern, bestimmen können. Einen einheitlichen Test dafür gibt es nicht. Es gibt unterschiedliche Messverfahren, die angewendet werden können. Die Testung hängt von der Art der Tätigkeit, zum Beispiel, ob Lkw- oder Taxi-Fahrer, von der Tageszeit der Durchführung, ob Tages- oder Nachtschicht gearbeitet wird und nicht zuletzt auch von der Mitarbeit der Testperson ab. Berufskraftfahrer müssen alle fünf Jahre ihre Tauglichkeit nachweisen. „Soweit die Theorie“, sagt Prof. Sylvia Kotterba, die seit vielen Jahren gutachterlich tätig ist und an den derzeit gültigen Begutachtungsleitlinien mitgearbeitet hat. In der Praxis ist es so, dass viele Betriebe gar keinen Arbeitsmediziner haben, der die regelmäßigen Kontrollen nach der arbeitsmedizinischen Grundlage G25 für Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten durchführt. Auch die Kontrolluntersuchungen zur Verlängerung der Fahrerlaubnis in der Gruppe 2 beinhalten nicht immer die vigilanzspezifischen Tests. „Es bräuchte eine Verpflichtung zur Kontrolle und das idealerweise jährlich. Bei der Vielzahl der Berufskraftfahrer ist die Umsetzung dessen jedoch sehr schwierig“, weiß Frau Kotterba, Chefärztin der Klinik für Geriatrie am Klinikum Leer. Die gängige Vorgehensweise der Begutachtung beginnt mit Fragebogen – schriftlich oder digital –, dann folgen gegebenenfalls weitere Schritte wie Fahrsimulator oder Testfahrten. Diese Tests finden jedoch nie in einem Moment statt, wo Tagesschläfrigkeit passiert. Wären da Sleeptracker oder Smartwatches nicht zeitgemäße Lösungen? „Die einzige verlässliche Messung von Müdigkeit ist derzeit immer noch ein EEG und dieses ist bisher nicht über moderne Medien wie Smartwatches oder ähnliches ableitbar. Tracker können zwar zeigen, ob der Puls oder die Aktivität runtergeht, nicht jedoch, ob geschlafen wurde. Es gibt außer dem EEG derzeit keine physiologische Größe, die uns zeigt, wie wach ein Mensch ist“, erklärt Kotterba. Sie hofft, dass dazu weiter geforscht wird und zukünftig eine einheitliche Testung möglich und unter realen Bedingungen einsetzbar wird. Die DGSM fördert Forschungsmaßnahmen technischer Hilfsmittel zur Früherkennung schläfriger Autofahrer (Fahrassistenzsysteme) und unterstützt wissenschaftliche Projekte zu den Ursachen, Behandlungs- und Kompensationsmöglichkeiten von Schläfrigkeit. Sie sensibilisiert politisch und gesellschaftlich dafür, dass Tagesmüdigkeit im Straßen-, Bahn- und Flugverkehr sowie am Arbeitsplatz ein großes Problem darstellt und nicht ausreichende Behandlungsmöglichkeiten bei Schlafstörungen dafür zur Verfügung stehen.
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