Diabetes ist nicht gleich Diabetes: DGIM verleiht Präventionspreis 2025

Foto: © vitalis83/stock.adobe.com

Dr. Martin Schön vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf hat einen neuen Algorithmus angewendet, der den Typ-2-Diabetes differenzierter erfassen und das individuelle Risiko für Folgeerkrankungen genauer bestimmen kann.

Dafür erhielt er den Präventionspreis 2025. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des 131. Internistenkongresses in Wiesbaden verliehen.

Die herkömmliche Behandlung des Typ-2-Diabetes orientiert sich meist am HbA1c-Wert, der den durchschnittlichen Blutzucker der letzten 3 Monate widerspiegelt. Dieser Wert berücksichtigt jedoch nicht, wie unterschiedlich der Stoffwechsel bei verschiedenen Betroffenen tatsächlich funktioniert – etwa in Bezug auf die Insulinempfindlichkeit, die Insulinproduktion oder die Fettverteilung. In der prämierten Studie nutzt Schön für einen neuen Algorithmus (entwickelt von einer anderen Forschungsgruppe im Vereinigten Königreich) neun klinisch leicht messbare Variable aus der Routinediagnostik.

Die Daten zur Validierung stammen aus 2 großen deutschen Studien – der prospektiven Deutschen Diabetes-Studie und der LURIC-Kohorte – und umfassen mehr als 1000 und Patienten. Ziel war es, die phänotypische Heterogenität des Typ-2-Diabetes sichtbar zu machen, also die Vielfalt der Stoffwechselprofile, die sich hinter der Diagnose verbergen.

Grafische Darstellung zeigt Stoffwechseltypen

Mithilfe des Algorithmus konnten die Forschenden die Patienten in Untergruppen mit spezifischen Stoffwechselmustern einteilen. Die Ergebnisse wurden anschaulich in einem Baumdiagramm dargestellt. Dabei zeigte sich: Menschen mit stark verminderter Insulinproduktion haben ein höheres Risiko für Nervenschäden, die Notwendigkeit einer Insulin-Therapie und das diabetische Fußsyndrom. Menschen mit ausgeprägter Insulinresistenz litten dagegen häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber, Nierenschäden und Depressionen. Darüber hinaus zeigten sich Unterschiede im Entzündungsprofil und in der Fettverteilung (viszerales vs. subkutanes Fett) – alles Faktoren, die eng mit dem Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen zusammenhängen.

Risikopersonen frühzeitig erkennen

Der Algorithmus ermöglichte es erstmals, ohne aufwändige Spezialuntersuchungen verschiedene Risikoprofile für Typ-2-Diabetes zu identifizieren und steht bereits als Online-Tool frei zur Verfügung. Die Ergebnisse der Klassifikation können helfen, Behandlungen individueller auszurichten, Risikopersonen frühzeitig zu erkennen und Komplikationen gezielt vorzubeugen. „Die Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie moderne Datenanalysen und klinisch leicht verfügbare Parameter zu einer vorausschauenden, präventiven Medizin beitragen können“, sagt Prof. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. „Statt nur Symptome zu behandeln, steht hier das individuelle Risiko im Mittelpunkt – ein zentraler Schritt in Richtung Präzisionsmedizin für Volkskrankheiten“, ergänzt Prof. Stefan Frantz, Vorsitzender der DSIM.

Zur Person

Dr. Martin Schön studierte Medizin in Bratislava, Slowakei. Seit 2020 forscht er am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Michael Roden. Seine Arbeit verbindet klinische Expertise mit innovativer Datenanalyse und trägt dazu bei, Prävention und Therapie von Stoffwechselerkrankungen gezielter und nachhaltiger zu gestalten, heißt es in der Pressemitteilung.

Preisverleihung im Rahmen des 131. Internistenkongresses

Die Verleihung des Präventionspreises der DGIM und der DSIM fand im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des 131. Internistenkongresses in Wiesbaden statt. Der Preis wird jährlich für herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum vergeben, die einen Beitrag zur Prävention internistischer Erkrankungen leisten.

(DGIM/ri)