Diabetes: Neue Technik eröffnet verbesserte Chancen für die Forschung

Foto: © WindyNight/stock.adobe.com

Wissenschaftler vom Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) an der Universität Tübingen haben eine neue Technik entwickelt, die den Blick auf die molekulare und zellbiologische Ebene in der Bauchspeicheldrüse deutlich verbessert.

Die Forschenden unter Leitung von Prof. Peter Loskill vom NMI an der Eberhard Karls Universität Tübingen bildeten Organ-ähnliche Strukturen auf einer Organ-on-Chip-Plattform nach. Die Ergebnisse aus Medikamententests an diesen Strukturen lassen sich besser als traditionelle Methoden auf menschliche Organismen übertragen. Diese Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift „Lab on a Chip“ veröffentlicht.

Organ-on-Chip kann Wirkweise an echten Organen simulieren

„Uns ist es gelungen, ein Modell der insulinbildenden Einheiten der Bauchspeicheldrüse in mikrofluidischen Chips nachzubilden. In diesen Chip konnten wir zusätzlich winzig kleine Sensoren integrieren, die es uns erlauben, Aussagen über den Zustand des Organmodells in Echtzeit zu treffen, ohne die Zellen dabei zu beeinträchtigen“, erklärt Loskill. „Mikrofluidisch“ bedeutet, dass über sehr feine Kanäle Nährstoffe wie durch die Blutgefäße zu den Zellen transportiert und Stoffwechselprodukte abgeführt werden. „Indem wir den Zellen ihre natürliche Mikroumgebung im Körper nachbauen, können wir deutlich längere und aussagekräftigere Versuche durchführen“, fügt der Professor hinzu. Die Entwicklung bietet somit die Chance auf große Fortschritte nicht nur in der Diabetes-Forschung.

Wie funktioniert Organ-on-Chip?

Für Organ-on-Chip-Modelle werden organspezifische Zellen außerhalb des Körpers in einer maßgeschneiderten Mikroumgebung in einem mikrofluidischen Chip gezüchtet. Die Zellen können dabei beispielsweise denjenigen der Bauchspeicheldrüse, der Leber, des Herzmuskels oder des Gehirns entsprechen. Die aus den Zellen aufgebauten Gewebe werden auf dem Chip vergleichbar dem Blutkreislauf kontinuierlich mit Nährstoffen versorgt. So können sie beispielsweise mit Medikamenten behandelt werden oder durch gezielte Manipulation ein Krankheitszustand simuliert werden.

Mit vielfältigen Analysemethoden ist es möglich, zeitaufgelöste Messungen von Reaktionen auf Wirkstoffe oder des Fortschritts von Krankheiten durchzuführen. Insbesondere aufgrund der Möglichkeit, mit menschlichen Zellen zu arbeiten, sind Untersuchungen an Organ-on-Chip potenziell besser auf den Menschen übertragbar als Tierversuche, was in der Zukunft zu einer deutlichen Reduktion von Tierversuchen in der biomedizinischen Grundlagenforschung sowie der pharmazeutischen Forschung führen kann.