Diabetes und Adipositas: Gleichzeitige Aktivierung und Blockade des GIP-Rezeptors unterstützen Gewichtsverlust

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Ein Team von Helmholtz Munich, dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat herausgefunden, warum die gleichzeitige Aktivierung und Blockade des GIP-Rezeptors die Gewichtsabnahme fördert.

Frühere Studien haben gezeigt, dass GIPR-Agonisten im Gehirn unabhängig vom GLP-1-Rezeptor wirken. Sie tun dies über Neuronen, die den hemmenden Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA) freisetzen (GABAerge Neuronen). Wie jedoch GIPR-Antagonisten ihre Wirkung entfalten, war bislang unklar.

Agonisten und Antagonisten des GIP-Rezeptors beeinflussen durch verschiedene Mechanismen im Gehirn das Körpergewicht und die Nahrungsaufnahme. Dies zeigen nun Untersuchungen unter Leitung des DZD-Wissenschaftler Prof. Timo Müller von Helmholtz Munich. Die aktuellen Ergebnisse haben Forschenden von Helmholtz Munich, dem DZD, dem Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, der LMU und Eli Lilly in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ veröffentlicht.

Wie GIPR-Agonisten und -Antagonisten das Körpergewicht senken

In ihrer Studie haben die Forschenden transgene Mäuse eingesetzt, bei denen der GIP-Rezeptor in GABAergen Neuronen gezielt ausgeschaltet worden ist. Zusätzlich führten sie Einzelzell-RNA-Sequenzierungen (scRNA-seq) bei Wildtyp-Mäusen durch. Ziel war, herauszufinden, wie und an welchen Stellen im Gehirn GIPR-Agonisten und -Antagonisten den Energiestoffwechsel beeinflussen.

„Unsere Studie zeigt, dass GIPR-Agonisten und -Antagonisten zwar beide zu Gewichtsverlust und geringerer Nahrungsaufnahme führen. Dies geschieht jedoch über völlig unterschiedliche und voneinander unabhängige Mechanismen. Unsere Arbeiten erklären, wie GIPR-Agonisten und -Antagonisten im Gehirn wirken, um den Energiestoffwechsel zu regulieren“, sagt Letztautor der Studie, Müllert. So ist der Effekt von GIPR-Agonisten nur möglich, wenn das GIPR-Signal in GABAergen Neuronen im Gehirn intakt ist. „Bei GIPR-Antagonisten spielt dieses Signal hingegen keine Rolle“, ergänzt der ko-korrespondierende Autor, Prof Matthias Tschöp, CEO und Wissenschaftlicher Geschäftsführer von Helmholtz Munich. „Umgekehrt gilt: Die Wirkung von GIPR-Antagonisten hängt entscheidend von einer funktionierenden GLP-1R-Signalübertragung ab, während GIPR-Agonisten davon unabhängig wirken“, sagt Robert Gutgesell, der gemeinsam mit Ahmed Khalil Erstautor der Publikation ist.

Einzelzellanalysen liefern zusätzliche Hinweise: Nur GIPR-Antagonisten – nicht jedoch Agonisten – aktivieren im Hinterhirn ähnliche Signalwege wie der GLP-1-Rezeptor. Das Hinterhirn gilt als wichtige Schaltzentrale für die Steuerung von Appetit und Energiehaushalt.

„Unsere Daten haben endlich ein Rätsel der biomedizinischen Forschung gelöst“, fasst Müller zusammen. „Obwohl beide Wirkstoffklassen ähnliche Effekte erzielen, setzen sie an völlig unterschiedlichen Stellen im Gehirn an – mit einer Schlüsselrolle des GLP-1-Rezeptors speziell für die Wirkung der GIPR-Antagonisten.“ Die neuen Erkenntnisse können den Weg für eine gezieltere Entwicklung von Medikamenten ebnen, die auf das GIP-System im Gehirn abzielen.