Diabetes und Herzinsuffizienz: tödliches Wechselspiel und zu seltene Diagnosestellung15. August 2022 Abbildung: ©freshidea /stock.adobe.com In einem ersten gemeinsamen Positionspapier zu Herzinsuffizienz und Diabetes weisen die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) auf das tödliche Wechselspiel und zu seltene Diagnosestellungen der Erkrankungen hin. „Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz gehen ein häufiges, oft unterschätztes und mitunter tödliches Wechselspiel ein“, beschreibt Prof. Thomas Forst, 1. Vorsitzender der Arbeitsgruppe Diabetes & Herz der DDG. Die Sterblichkeit durch kardiovaskuläre Vorfälle ist um 50 bis 90 Prozent erhöht. „Umso wichtiger ist es, diese Hochrisikopatientinnen und -patienten frühzeitig zu identifizieren und ihre Lebenserwartung durch eine differenzierte Therapie zu verbessern“, so der Internist. Das erste gemeinsame Positionspapier der beiden Fachgesellschaften DDG und DGK fasst die wissenschaftlich aktuelle Datenlage zu beiden Erkrankungsbildern kompakt zusammen. Zudem gibt es Empfehlungen für behandelnde Diabetologinnen und Diabetologen sowie Kardiologinnen und Kardiologen, was bei Diagnose und Therapie zu beachten ist. Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus sind bis zu fünf Mal häufiger von Herzinsuffizienz betroffen als Stoffwechselgesunde – auch bereits in jüngerem Lebensalter. Hinzu kommt, dass die so genannte diastolische Herzinsuffizienz (HFpEF) meist klinisch unauffällig ist. „Es ist daher davon auszugehen, dass die Diagnose dieser Form der Herzinsuffizienz bei Menschen mit Diabetes viel zu selten gestellt wird und dass es eine hohe Dunkelziffer von bereits Betroffenen gibt“, erklärt die Erstautorin des Positionspapiers PD Dr. Katharina Schütt, Sprecherin der DGK-Arbeitsgruppe Herz und Diabetes. „Wenn der oder die Betroffene symptomatisch ist, kann eine solche Dysfunktion mittels Echokardiografie ermittelt werden.“ Entsprechend findet sich die Empfehlung im Positionspapier, bei Diabetespatientinnen und -patienten regelmäßig nach den Symptomen einer Herzinsuffizienz zu fragen. Umgekehrt haben Menschen mit Herzinsuffizienz ein signifikant erhöhtes Risiko, einen Diabetes mellitus Typ 2 zu entwickeln. „Auch hier empfehlen wir dringend regelmäßige Diabetes-Screenings, bei denen der Glukose- und HbA1c-Wert gemessen und gegebenenfalls noch der oGTT ermittelt wird“, sagt Prof. Dirk Müller-Wieland, Sprecher des fachübergreifenden Ausschusses Herz, Diabetes & Hormone der DDG, DGE & DGK. Der enge Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und Diabetes lässt sich erklären durch eine Gesamtstörung des Stoffwechsels inklusive der Verschlechterung der arteriellen und koronaren Beschaffenheit. So verstärkt ein dauerhaft zu hoher Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) chronische Entzündungsprozesse in den Gefäßen. Zwar pumpt das Herz dann noch normal, aber die Gefäßwände werden steif und das Herz füllt sich nicht mehr mit ausreichend Blut, was eine Herzinsuffizienz auslöst. Umgekehrt werden durch eine Herzinsuffizienz diabetische Prozesse eingeleitet, die den Glukosestoffwechsel erhöhen und eine Insulinresistenz bewirken. „Bei einer Herzinsuffizienz überlebt jede/r fünfte Betroffene nach der ersten stationären Einweisung keine zwölf Monate. Wird es zu spät erkannt oder unterschätzt, endet es oft tödlich“, gibt Kardiologin Schütt zu bedenken. Neben diagnostischen Empfehlungen gibt das Positionspapier auch Therapie-Ratschläge. So sind bei einer Herzinsuffizienz aktuell SGLT-2-Inhibitoren die bevorzugte antidiabetische Strategie. Sie verhindern häufiger unerwünschte kardiovaskuläre Vorfälle und damit verbundene Krankenhausaufenthalte und reduzieren somit auch das Sterberisiko. Gleichzeitig schützen sie vor Nierenschäden, die bei diesen Patientinnen und Patienten ebenfalls häufig auftreten. „Um den Teufelskreis zwischen Diabetes und Herzinsuffizienz zu unterbrechen ist es besonders wichtig, den Stoffwechsel stabil bei einem HbA1c-Wert von 7 Prozent zu halten“, rät Forst.
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