Diabetes: Warum Herz, Niere und Leber untrennbar verbunden sind

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Auf einer Konferenz am 12. und 13. September 2025 am Neusiedler See (Österreich) haben sich mehr als 30 internationale Wissenschaftler dafür ausgesprochen, die Organsysteme Herz, Niere und Leber in der diabetologischen Praxis gemeinsam zu betrachten.

In Deutschland leben mehr als 8,9 Millionen Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Herzinfarkte und Schlaganfälle gelten seit Langem als größte Gefahr – entsprechend konzentrieren sich Vorsorgeprogramme und Therapien stark auf das Herz-Kreislauf-System. Die Niere gerät dagegen oft zu spät in den Fokus, kritisiert das das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ). Viele Schäden blieben unerkannt, weil einfache Urin- und Bluttests im Alltag noch immer zu selten durchgeführt werden. Doch die wissenschaftlichen Daten seien eindeutig: Schon geringe Einschränkungen der Nierenfunktion erhöhen das Risiko für Herzschwäche oder Infarkte erheblich. Umgekehrt beschleunigen Herzprobleme Nierenerkrankungen, heißt es weiter in der Pressemitteilung.

Prävention und Behandlung sollten früher beginnen

„Diabetes, Nieren-, Leber- und Herzerkrankungen greifen ineinander – sie bilden ein System, das man nicht länger isoliert betrachten sollte“, betont Prof. Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ. „Wenn wir diese Zusammenhänge verstehen, können wir die Betroffenen früher schützen – und das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Nierenversagen verringern“, fügt Dr. Jaroslawna Meister, stellvertretende Leiterin der Arbeitsgruppe Nephropathie am DDZ, hinzu. Sie und Prof. Karin Jandeleit-Dahm, Leiterin der Arbeitsgruppe Nephropathie am DDZ und stellvertretende Leiterin der Abteilung für Diabetes an der Monash-Universität in Australien, hatten die Konferenz organisiert.

Genau diese enge Wechselwirkung hatte die American Heart Association (AHA) im Jahr 2023 in einer Stellungnahme als „Cardiovascular-Kidney-Metabolic (CKM) Syndrome“ beschrieben – und ein Stufensystem empfohlen, um Prävention und Behandlung früher und gezielter ansetzen.

Forschungsergebnisse aus aller Welt

Die zweitägige Konferenz am 12. und 13. September 2025 griff dieses Konzept auf und zeigte neue Wege, um das Risiko von Herz- und Nierenschäden bei Diabetes zu senken.

MASLD als Schlüsselfaktor: Prof. Michael Roden (DDZ, Düsseldorf) zeigte, wie eng die Stoffwechselstörung MASLD (früher: nicht-alkoholische Fettlebererkrankung) mit Diabetes und Folgeerkrankungen verbunden ist – und warum ihre Behandlung entscheidend ist, um auch Herz und Niere zu schützen. Die Zulassung von neuen Medikamenten für die Behandlung von MASLD könnte die Versorgung von Menschen mit MASLD/MASH verbessern.

Lipide und Entzündung: Prof. Thomas Stulnig (Klinik Hietzing, Wien) erläuterte, wie Botenstoffe aus dem Fettstoffwechsel zur Entstehung von Entzündungen, kardiovaskulären Komplikationen und Nierenerkrankungen bei Diabetes beitragen. Er stellte zudem neue Therapiekonzepte zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen vor, die auch das Risiko für Folgeerkrankungen des Diabetes senken können.

Früherkennung verbessern: Prof. Ronald Ma (Chinese University of Hong Kong, China) präsentierte neue epigenetische Biomarker aus dem Hong Kong Diabetes Register, die das Potenzial haben, Nierenerkrankungen bei Typ-2-Diabetes wesentlich früher vorherzusagen und das Risiko für Nierenerkrankungen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes besser einzuschätzen.

Neue Therapien und Studien: Prof. Peter Rossing (Steno Diabetes Center Copenhagen, Dänemark) stellte die STENO-1-Studie vor. Darin wird erstmals geprüft, wie sich eine kombinierte Behandlung mit modernen Medikamenten bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und hohem Risiko für Komplikationen auswirkt. Ziel ist es, schwere kardiovaskuläre Ereignisse, Herzinsuffizienz und Nierenerkrankungen effektiver zu verhindern.

Gewichtsreduktion schützt die Niere: Prof. Petter Bjornstad (University of Washington, USA) zeigte, dass Jugendliche mit Adipositas und Typ-2-Diabetes besonders häufig an chronischen Nierenerkrankungen leiden. Eine bariatrische Operation kann in dieser Gruppe nicht nur das Gewicht deutlich verringern, sondern auch die Nierenfunktion stabilisieren.

Die Konferenz-Organisatorin Prof. Jandeleit-Dahm resümierte: „Nur durch eine bessere Zusammenarbeit internationaler Experten können wir die Mechanismen des CKM Syndroms sowie den „Cross-talk“ zwischen den verschiedenen Organen besser verstehen. Dies ist entscheidend, um effektivere Therapie- und Präventionsstrategien zu erarbeiten. Genau dieses Ziel verfolgte unser Meeting.“