Diabetesmedikament gegen Lungenkrebs? Aber nur bei übergewichtigen oder adipösen Patienten

Foto: © Soni’s/stock.adobe.com

Ein häufig eingesetztes Antidiabetikum besitzt offenbar einiges an Potenzial im Hinblick auf die Behandlung von Lungenkrebs – zumindest bei bestimmten Patienten.

Laut den Ergebnissen einer Studie, die kürzlich im „Journal of the National Cancer Institute“ veröffentlicht wurden, kann Metformin bei übergewichtigen beziehungsweise adipösen Patienten mit Nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) die Wirkung einer Immuntherapie verstärken und somit das rezidivfreie Überleben verlängern.

In den vergangenen 20 Jahren hätten Forschende immer wieder Hinweise darauf gefunden, dass Metformin das Voranschreiten von Krebserkrankungen verlangsamen könnte, heißt es in einer Mitteilung vom Roswell Park Comprehensive Cancer Center (USA) anlässlich der Veröffentlichung der Arbeit. Dr. Sai Yendamuri, Leiter der dortigen Thoraxchirurgie, ist Co-Seniorautor der retrospektiven Studie. Allerdings hätten die Ergebnisse klinischer Studien diesen Zusammenhang größtenteils nicht bestätigen können. Basierend auf früheren Erkenntnissen stellten Yendamuri und seine Kollegen die Hypothese auf, dass die krebshemmende Wirkung des Diabetesmedikamentes bei einer bestimmten Gruppe von Lungenkrebspatienten auftreten könnte – bei übergewichtigen oder adipösen Patienten. Sie vermuteten außerdem, dass eine starke Evidenz dieser Effekte in älteren Studien maskiert gewesen seien, weil an diesen nur normalgewichtige Patienten teilgenommen hatten.

Untersuchung an NSCLC-Patienten mit normalem und erhöhtem BMI

Um diese Hypothese zu prüfen, wertete das Team Daten von zwei Gruppen mit NSCLC-Patienten aus: Eine umfasste 511 Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 oder höher (womit sie als übergewichtig/adipös galten), die andere Gruppe bestand aus 232 Personen mit einem BMI unter 25. Alle wurden operiert. Daten einer weiteren Gruppe wurden verwendet, um die Wirkung des Medikamentes auf das progressionsfreie Überleben bei 284 übergewichtigen gegenüber 184 nicht übergewichtigen Patienten mit NSCLC zu bewerten, die eine Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren erhielten. Darüber hinaus dokumentierte das Team die Auswirkungen von Metformin auf das Tumorwachstum, die Antitumorimmunität und die Reaktion auf Immuncheckpoint-Inhibitoren im Labor in präklinischen Lungenkrebsmodellen.

„Unsere Arbeit zeigt, dass die krebshemmende Wirkung von Metformin nur im Zusammenhang mit Adipositas auftritt“, sagt Yendamuri. „Wir haben ein längeres rezidivfreies Überleben bei übergewichtigen Patienten beobachtet, die Metformin einnahmen und sich einer Operation unterzogen.“ Die präklinischen Studien an Tiermodellen zeigten, dass Metformin das Tumorwachstum verlangsamte und die durch Adipositas bedingte Unterdrückung des Immunsystems umkehrte. Eine kombinierte Behandlung mit Metformin und einem Immuncheckpoint-Inhibitor erreichte eine noch bessere Tumorwachstumskontrolle – dieser Effekt war jedoch im Wesentlichen nur bei Adipositas zu beobachten, parallel zum verlängerten progressionsfreien Überleben, das nur bei übergewichtigen Patienten zu beobachten war, die Immuncheckpoint-Inhibitoren erhielten.

Studienergebnisse als Grundlage für ein Medikamenten-Repurposing

Laut dem Onkologen Prof. Joseph Barbi aus der Abteilung für Immunologie von Roswell Park, Co-Seniorautor der aktuellen Veröffentlichung, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Metformin bei adipösen oder übergewichtigen Patienten das Gleichgewicht zwischen immunsupprimierenden Mechanismen und solchen, die tumorabtötende Prozesse aktivieren, zu verschieben scheint. „Indem wir darauf aufmerksam machen, dass metforminhaltige Behandlungsschemata das Potenzial besitzen, die klinischen Outcomes adipöser und übergewichtiger Patienten zu verbessern, hoffen wir, zukünftige Studien anzuregen“, erklärt Barbi. „Wir glauben, dass unsere Ergebnisse eine Grundlage für die Prüfung von Medikamentenkombinationen liefern, mit denen sich bei diesem wachsendes Patientenkreis Lungenkrebs wirksamer verhindern oder behandeln lässt.“

Basierend auf ihren klinischen und präklinischen Beobachtungen entwarfen Yendamuri und Barbi eine klinische Studie der Phase II, um das Potenzial des Medikamentes zur Vorbeugung von Lungenkrebs bei übergewichtigen oder adipösen Menschen mit hohem Risiko für die Erkrankung zu untersuchen. Roswell Park ist einer von nur drei Standorten in den USA und Kanada, an denen die Studie durchgeführt wird. Sie wird vom National Cancer Institute finanziert.

„Metformin wird seit 30 Jahren verwendet und hat eine lange Erfolgsgeschichte in Sachen Sicherheit – und es ist eines der Medikamente, die am leichtesten zugänglich und am erschwinglichsten überhaupt sind“, konstatiert Yendamuri. „Wenn wir es für die Krebsbekämpfung einsetzen könnten, wäre das sehr spannend.“