Diabetisches Makulaödem: HIV-Medikament kann Sehkraft verbessern5. Juni 2025 Jayakrishna Ambati. Foto.©UVA Health Das seit Langem zugelassene HIV-Medikament Lamivudin kann das Sehvermögen von Patienten mit Diabetischem Makulaödem (DMÖ) wirksamer und zu erheblich geringeren Kosten verbessern als viele bestehende Behandlungen. Das legt eine erste klinische Studie nahe. Das HIV-Medikament wird oral eingenommen und bietet DMÖ-Patienten damit möglicherweise eine Alternative zur monatlichen Injektion ins Auge. Schätzungen zufolge entwickelt etwa jeder 14. Diabetiker diese sehkraftnehmende Augenerkrankung. Allein in den Vereinigten Staaten leben mehr als 37 Millionen Erwachsene mit Diabetes. Somit könnte Lamivudin eine wichtige neue Option für Millionen von Patienten mit DMÖ darstellen. „Ein orales Medikament, das das Sehvermögen bei DMÖ verbessert, wäre eine bahnbrechende Neuerung, da es für Patienten bequemer wäre als häufige, oft monatliche Injektionen ins Auge“, erklärte der Forscher Prof. Jayakrishna Ambati, Gründungsdirektor des UVA Health Center for Advanced Vision Science, University of Virginia Health System, Charlottesville, USA. „Zudem unterscheidet sich der Wirkmechanismus von Lamivudin von dem bestehender Behandlungen, sodass wir auch Kombinationstherapien entwickeln könnten.“ Lamivudin verbessert das Sehvermögen signifikant Ambati’s Mitarbeiter an der brasilianischen Universidade Federal de São Paulo, Brasilien, unter der Leitung von Dr. Felipe Pereira und Dr. Eduardo Buchele Rodrigues nahmen zwei Dutzend Erwachsene mit DMÖ in eine kleine randomisierte klinische Studie auf. Die Teilnehmer erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder Lamivudin oder ein Placebo. Nach vier Wochen wurden den Probanden zusätzlich das Medikament Bevacizumab in ihre Augen injiziert. Die Wissenschaftler beobachteten, dass die Teilnehmer, die Lamivudin erhielten, bereits vor den ersten Augeninjektionen eine signifikante Verbesserung ihres Sehvermögens zeigten. Ihre Fähigkeit, Buchstaben auf einer Sehtafel zu lesen, verbesserte sich nach vier Wochen um 9,8 Buchstaben. Die Placebo-Gruppe hingegen verzeichnete eine Verschlechterung um 1,8 Buchstaben. Einen Monat nach den Bevacizumab-Injektionen verbesserten sich die Lamivudin-Empfänger um 16,9 Buchstaben, während die Placebo-Probanden, die nur Bevacizumab erhielt, nur um 5,3 Buchstaben zulegten. Lamivudin könnte Gesundheitsversorgung verbessern Die Ergebnisse deuten den Forschern zufolge darauf hin, dass Lamivudin sowohl allein als auch in Verbindung mit Bevacizumab-Injektionen wirken könnte. Allerdings seien größere Studien erforderlich, um dies zu bestätigen, wie die Wissenschaftler anmerkten. Lamivudin allein könnte jedoch für Patienten in vielen Regionen der Welt, die nur begrenzten Zugang zu Fachärzten haben oder sich monatliche Augenarzttermine nicht leisten oder nicht dorthin reisen können, lebensverändernd sein, so Ambati. „Eine 20 Dollar pro Monat oder sogar noch günstigere Tablette, die das Sehvermögen genauso gut oder sogar mehr verbessert als eine Therapie mit Injektionen ins Auge, die bis zu 2000 Dollar pro Monat kostet, könnte sowohl für Patienten als auch für das Gesundheitssystem eine große Veränderung bedeuten“, fügte Ambati hinzu. Die Forscher glauben, dass Lamivudin gegen DMÖ wirksam ist, weil es die Aktivität von Inflammasomen, wichtigen Akteuren unseres Immunsystems, blockiert. Inflammasome fungieren normalerweise als Sensoren für Infektionen, sind aber auch an der Entstehung von DMÖ beteiligt. K9 als Hoffnungsträger Ambati und seine Mitarbeiter erklären, dass zukünftige Studien mit Lamivudin eine größere Anzahl von Patienten umfassen und diese länger als acht Wochen begleiten müssen. Die Forscher sind jedoch durch die Ergebnisse ihrer ersten Tests hoffnungsvoll. Zudem konnten sie feststellen, dass Lamivudin das Sehvermögen nicht nur in den ersten vier Wochen verbesserte – in denen bei DMÖ normalerweise der größte Fortschritt zu beobachten ist – sondern auch in den folgenden vier. „Wir haben eine sicherere Version von Lamivudin namens K9 entwickelt, die Inflammasome blockiert, ohne die potenziellen Nebenwirkungen von Lamivudin zu haben“, fügte Ambati hinzu „Wir sind daher auch von den laufenden und geplanten klinischen Studien mit K9 bei DMÖ überzeugt.“ Die neuen Erkenntnisse folgen auf eine weitere Entdeckung von Ambati. Diese deutet darauf hin, dass HIV-Medikamente erheblich das Risiko für Alzheimer senken können. Durch die Analyse großer Krankenversicherungsdatenbanken hatte seine Gruppe zuvor herausgefunden, dass Nukleosid-Reverse-Transkriptase-Hemmer oder NRTI auch das Risiko für Diabetes und Makuladegeneration senken können. Die neue klinische Studie zu DMÖ wurde durch ähnliche Erkenntnisse angeregt und verdeutlicht die Leistungsfähigkeit dessen, was Ambati als „Big Data Archeology“ bezeichnet.
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