Diagnose der Krebstherapie-bedingten Myokarditis: Flüssigbiopsie auf Basis zellfreier mRNA

Diagnose der ICI-bedingten Myokarditis mittels Bluttest? Ein neues Verfahren rückt das in den Bereich des Möglichen. (Symbolfoto: ©Sono Creative/stock.adobe.com)

Forschende der Stanford University haben eine Flüssigbiopsie auf Basis zellfreier mRNA entwickelt, die eine gefährliche Nebenwirkung von Immuntherapien – die ICI-bedingte Myokarditis – frühzeitig und ohne Gewebebiopsie erkennen kann.

Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) haben die Krebstherapie revolutioniert, doch ihre Anwendung kann eine seltene, aber tödliche Nebenwirkung auslösen: eine ICI-bedingte Myokarditis, deren Sterblichkeitsrate bei bis zu 40 Prozent liegt. Um das Sterberisiko durch eine Anpassung der Behandlung zu reduzieren, ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend. Diese war bisher jedoch schwierig, da sie einer Gewebebiopsie bedarf.

Nun hat ein Team von Forschern der Stanford University (USA) unter der Leitung von Dr. Alireza Raissadati und Dr. Sean Wu ein vielversprechendes neues Instrument entwickelt: eine Flüssigbiopsie unter Verwendung von zellfreier mRNA. Ihre Studie dazu wurde kürzlich im „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.

Flüssigbiopsie auf Basis zellfreier mRNA

Die Flüssigbiopsie wurde ursprünglich zur Detektion von Tumorzellen bzw. zellfreierfreier Tumor-DNA (cfDNA) im Blut entwickelt. Dabei macht man sich charakteristische Veränderungen der DNA-Sequenz von Krebszellen zu nutze. Bislang etabliert ist sie daher vor allem in der Onkologie, aber auch in der Pränataldiagnostik. Weitere Forschungsfelder betreffen die Infektiologie und Transplantationsmedizin sowie die Kardiologie.

Zur frühzeitigen und unkomplizierten Erkennung einer ICI-bedingten Myokarditis widmeten sich Raissadati und Kollegen nun der zellfreien mRNA (cf-mRNA) als Biomarker. Im Gegensatz zu anderen Methoden der Flüssigbiopsie ermögliche diese eine gewebe- und sogar zelltypspezifische Profilerstellung der Genexpression, wie die Forscher erläutern. Dies sei mit anderen blutbasierten Diagnosemethoden wie Proteinmarkern, cfDNA und microRNA nicht möglich.

Durch die Analyse von Blut aus einer routinemäßigen Blutentnahme ist es möglich, cf-mRNA aus Immunzellen, die das Herz angreifen, sowie aus Herzmuskelgewebe, das aufgrund von Schäden freigesetzt wurde, nachzuweisen. Die Möglichkeit, herz- und immunzellspezifische Veränderungen der Genexpression zu beurteilen, kann die frühzeitige Erkennung einer ICI-bedingten Myokarditis ermöglichen.

Auch geringe Veränderungen in der Genexpression detektierbar

Die Forscher validierten diese neue cf-mRNA-Technik in einer Kohorte von 22 Patienten mit ICI-bedingter Myokarditis. Dabei machten sie zwei wichtige Entdeckungen. Zum einen konnten sie durchweg ausreichend mRNA aus den Blutproben für die Analyse gewinnen, was die Durchführbarkeit belegt.

Zusätzlich identifizierten sie eine Reihe von Genen, die bei Patienten mit ICI-bedingter Myokarditis im Vergleich zur Kontrollgruppe hochreguliert waren. Unter Verwendung maschineller Lernverfahren war es ihnen möglich, auch feine Unterschiede in der Veränderung der Genexpression zu detektieren. Viele der so entdeckten Gene standen, wie vorhergesagt, im Zusammenhang mit der Immunantwort.

Weitere Studien nötig

Mithilfe einer Flüssigbiopsie auf Basis von cf-mRNA und maschinellem Lernen konnte die Forschungsgruppe somit sowohl eine behandlungsspezifische Immunantwort als auch Herzgewebeschäden nachweisen. „Diese Studie zeigt das immense Potenzial von mRNA-basierten Flüssigbiopsien für die Diagnose und frühzeitige Behandlung von Myokarditis im Zusammenhang mit einer Krebstherapie“, folgern die Wissenschaftler.

Bevor die Technologie Einzug in den klinischen Alltag finden kann, sind jedoch größere Validierungskohorten und standardisierte Verfahrensprotokolle erforderlich, wie sie selbst einschränken. Eine Übertragung auf andere entzündliche Erkrankungen wäre dann jedoch ebenfalls denkbar.

(ah/BIERMANN)