Die Bedeutung von Worten: Diagnostisches „Label“ beeinflusst Patienten

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Arthritis, Degeneration, Bandscheibenvorwölbung: Bei diesen Begriffen scheinen Patienten Böses zu erahnen und ihre Erwartungen an die Behandlung und Genesung entsprechend anders zu bewerten als bei den diagnostischen Bezeichnungen Rückenschmerzepisode, Lendenwirbelverstauchung und nichtspezifischer Kreuzschmerz (LBP). 

Die Bedeutung der unterschiedlichen Worte zeigt ein sechsarmiges randomisiertes Online-Experiment australischer Forscher, welches die Auswirkung der Bezeichnung von Kreuzschmerzen auf die Überzeugungen zu Bildgebung, Operation, Zweitmeinung, Schweregrad, Genesung, Arbeit und körperlichen Aktivitäten evaluierte.

An dem Experiment nahmen 1375 verblindete Personen (mittleres Alter 41,7±18,4 Jahre; 54,4 % Frauen) mit (73,9 %) und ohne LBP (26,1 %) teil. Allen Teilnehmern wurde das gleiche Szenario eines Arztbesuches wegen LBP vorgelegt. Das Szenario beschrieb den Ort des Schmerzes, das mögliche auslösende Ereignis und die Funktionseinschränkungen.

Die Teilnehmer erhielten nach dem Zufallsprinzip eine von sechs der oben genannten Diagnosebezeichnungen. Das primäre Ergebnis war die Überzeugung der Probanden, dass eine Bildgebung erforderlich ist, gemessen anhand eines einzelnen Merkmals auf einer elfstufigen Likert-Skala (Mittel­wert ± Standardabweichung).

Die Notwendigkeit für eine Bildgebung wurde bei den Bezeichnungen Rückenschmerzepisode (4,2 ± 2,9), Lendenwirbelverstauchung (4,2 ± 2,9) und nichtspezifischer LBP (4,4 ± 3,0) geringer eingeschätzt als bei den Bezeichnungen Arthritis (6,0 ± 2,9), Degeneration (5,7 ± 3,2) und Bandscheibenvorwölbung (5,7 ± 3,1). Die gleichen Bezeichnungen führten im Vergleich zu Bandscheibenvorwölbung, Degeneration und Arthritis zu höheren Heilungserwartungen und niedrigeren Bewertungen der Notwendigkeit einer Zweitmeinung, einer Operation und der wahrgenommenen Schwere (sekundäre Ergebnisse).

Die Unterschiede waren größer bei Teilnehmern mit aktuellen Kreuzschmerzen, die in der Vergangenheit bereits eine Behandlung in Anspruch genommen hatten. Hinsichtlich der Einstellung zu körper­licher Aktivität und Arbeit konnten die Studienautoren keine Unterschiede zwischen den sechs Bezeichnungen feststellen. (ah)