Die CO2-Bilanz orthopädischer Operationen

Abb. 1: Die CO2-Bilanz der untersuchten Operationen in kg CO2-Äquivalent (eCO2). Bild: Eidmann

Welchen Einfluss hat die Orthopädie auf den Klimawandel? Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die CO2-Bilanz von acht gängigen Operationen an einer orthopädischen Universitätsklinik zu ermitteln.

Das Thema Nachhaltigkeit und die Reduktion unseres Ausstoßes von klimawirksamen Gasen spielt in Zeiten des Klimawandels eine zentrale Rolle. Die Bundesregierung hat es sich daher zum erklärten Ziel gemacht, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Während man im Allgemeinen bei der Entstehung von CO2 eher an Verkehr, Heizen und die großen Industriezweige denkt, wird die Rolle des Gesundheitssektors als CO2-Emittent im allgemeinen Bewusstsein vernachlässigt. Dabei ist der Gesundheitssektor weltweit für 4,4 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, in Deutschland sind es sogar 5,2 Prozent der bundesweiten Emissionen1. Während im Alltag für viele Produkte und Tätigkeiten der CO2-Fußabdruck bekannt und häufig auch ein Werbefaktor ist, ist dies für unsere tägliche Arbeit im OP beinahe gänzlich unbekannt und unbeachtet.

Methodik

Die Arbeit wurde zwischen April und August 2023 an der orthopädischen Klinik der Universität Würzburg durchgeführt. Es sollte die CO2-Bilanz von acht gängigen Operationen ermittelt werden. Dabei wurden Analysen der verschiedenen Teilbereiche gemäß des Greenhouse Gas Protocol2 durchgeführt.

Im Detail erfolgte eine Berechnung des CO2-Äquivalentes für die Bereiche „OP-Betrieb“ (Heizung, Kühlung, Lüftung, direkter Stromverbrauch durch Licht, Geräte etc.), „Materialaufbereitung“ (Sterilisation von Instrumenten, Wäsche), „Abfallentsorgung“ sowie „Materialverbrauch“ (Herstellung der verwendeten Einmalprodukte). Die Anästhesie, Transport von Patienten und Mitarbeitern sowie die verwendeten Implantate wurden zur Vereinfachung vernachlässigt.

Ergebnisse

Die CO2-Bilanz reichte von 51,7 kg CO2-Äquivalent für eine Knie-Arthroskopie bis zu 121,9 kg CO2-Äquivalent für einen Knieprothesen-Wechsel (Abb. 1). Dies entspricht der Fahrtstrecke von circa 360 beziehungsweise 850 km in einem Mittelklasseauto. Beispielhaft für die Hüft-TEP-Implantation bedeutet dies bei einer Fallzahl von 233.500 (2021) pro Jahr in Deutschland einen CO2-Ausstoß von 18.423 Tonnen CO2 allein für diese Operation. Dies entspricht dem Jahresverbrauch von mehr als 7000 Haushalten.

Der größte Anteil des CO2-Ausstoßes ist dabei mit im Mittel 47 Prozent auf den laufenden OP-Betrieb zurückzuführen und damit direkt von der Verweildauer im Operationstrakt abhängig. Mit 37 Prozent den zweitgrößten Anteil hat die Produktion der verwendeten Einwegmaterialien wie Abdeckungen, Schutzkleidung und Verpackungen. Die Aufbereitung der wiederverwertbaren Materialien (Sterilisation der Instrumente, Wäsche [13 %]) sowie die Emissionen durch Abfallverbrennung (3 %) haben einen geringeren Anteil an der CO2-Bilanz (Abb. 2).

Abb. 2: Anteil der verschiedenen Teilbereiche an der CO2-Bilanz. Bild: Eidmann

Für die Bereiche „OP-Betrieb“ und „Materialaufbereitung“, die in den Tätigkeitsbereich der Klink fallen, war die Energiequelle nachvollziehbar: 35 Prozent der benötigten Energie stammen aus Strom, 25 Prozent aus fossilen Energiequellen (Abb. 3).

Abb. 3: Energiequellen für die Teilbereiche OP-Betrieb und Materialaufbereitung. Bild: Eidmann.

Fazit

Um den Einfluss unserer täglichen Arbeit auf den Klimawandel zu verstehen, ist es essenziell, ein fundiertes Wissen über die tatsächlichen Emissionen unserer Arbeit zu haben. Die Bestimmung von CO2-Bilanzen für die verschiedenen Teilbereiche kann helfen, die größten „Umweltsünder“ zu identifizieren und entsprechende Maßnahme zur Senkung des CO2-Ausstoßes zu treffen. Am Beispiel des CO2-Abdruckes von orthopädischen Operationen zeigt sich, dass nicht etwa die Menge des zu entsorgenden Mülls das Hauptproblem darstellt, sondern vor allem der energieintensive Arbeitsplatz OP. Zur Verringerung des CO2-Ausstoßes sollten die OP-Zeit reduziert, Kapazitäten bestmöglich ausgenutzt und der Verbrauch in nicht genutzten Zeiten möglichst reduziert werden. In der Produktion des OP-Bedarfs können sowohl die Medizinproduktehersteller, als auch der Einkauf Verantwortung übernehmen, indem die Lieferkette klimafreundlich gestaltet wird beziehungsweise solche Produkte bevorzugt verwendet werden. Das OP-Personal, inklusive dem Operateur, sollte darauf achten, dass nur wirklich benötigte Materialien geöffnet werden. An die Politik geht der Appell, für flächendeckend klimaneutralen Strom zu sorgen, da sich allein hierdurch der CO2-Fußabdruck unserer Operationen um mindestens 35 Prozent reduzieren ließe.

Autorinnen/Autoren:
Dr. med. Annette Eidmann, Felicitas Geiger, PD Dr. med. Ioannis, Stratos, Prof. Dr. med. Maximilian Rudert
Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus
Lehrstuhl für Orthopädie der Universität Würzburg
Brettreichstr. 11, 97074 Würzburg