Die Entwicklung von Krebszellen verhindern

Forscher haben herausgefunden, dass die Entwicklung von Krebszellen durch einen Schalter verhindert werden könnte. Diese Entdeckung kann zur Entwicklung von potentiellen Therapiemöglichkeiten führen. (Grafik: © Wolfram Weckwerth)

Forscher haben einen neuen biochemischen Schalter für Therapieansätze bei Krebs entschlüsselt.

Das menschliche Immunsystem bildet Zellen, die die Heilungsprozesse des Körpers unterstützen. Einige dieser Zellen sind allerdings als entzündungsfördernd bekannt oder können die Bildung von Krebszellen unterstützen. Forscher um Wolfram Weckwerth von der Universität Wien und Thomas Weichhart von der Medizinischen Universität Wien zeigen jetzt, dass die Entwicklung von diesen Immunzellen durch einen neuen biochemischen Schalter verhindert werden kann. Die Studie erscheint in Cell Reports.

Erkennt der menschliche Körper fremde Organismen oder Substanzen, reagiert er mit einer sogenannten Immunantwort. Die angeborene Immunantwort umfasst die wichtigsten Stoffwechselprozesse und zellulären Reaktionen, die mit Infektionen und Krankheiten verbunden sind. Neben der wirksamen Abwehr von bakteriellen Infektionen ist das Immunsystem auch stark bei der Entstehung von Krebs und anderen systemischen Krankheiten beteiligt. Daher ist das Verständnis von grundlegenden biochemischen Prozessen von enormer Bedeutung und führt auf direktem Weg zu Therapien gegen Immunschwäche und sogar Krebs.

Die Differenzierung – also die Entwicklung – von Abwehrzellen des menschlichen Immunsystems ist einer der komplexesten Vorgänge, die während einer direkten Immunabwehr gegen Infektionen ablaufen. Makrophagen können in zwei Typen eingeteilt werden: M1-Makrophagen, die Entzündungen fördern und M2-Makrophagen, die Heilungsprozesse des Körpers unterstützen. Letztere können aber auch die Bildung von Krebszellen – Tumor-assoziierte Makrophagen (TAM) – fördern. Diese Prozesse sind bei Tieren und Menschen gleichermaßen konserviert.

Zelldifferenzierung lässt sich mit neuem Schalter unterdrücken
In einer neuen Studie zeigen zwei Forschungsteams um den Systembiologen und Biochemiker Weckwerth von der Universität Wien und den Immunologen Thomas Weichhart von der Medizinischen Universität Wien, dass neben den bekannten Mechanismen der Makrophagendifferenzierung ein wichtiger Schalter existiert, der bisher nicht beachtet wurde. Es handelt sich dabei um einen biochemischen Weg, der von der Glykolyse – dem wichtigsten Stoffwechselweg zur Verarbeitung von Zuckern im menschlichen Organismus – abzweigt und wichtige biosynthetische Prozesse der schnellen Zellteilung unterstützt.

Die Forscher erkannten, dass dieser Schalter, wenn er ausgeschaltet wird, die Differenzierung zu M2-Makrophagen unterdrückt. Das hat unmittelbare Konsequenzen für das Verständnis von Tumor-assoziierten Makrophagen, deren Bildung so verhindert werden könnte. „Unsere Hypothese lautet, dass den Krebszellen damit eine wichtige Umgebung entzogen wird. Dieser Stoffwechselweg hat somit große Bedeutung bei der Bekämpfung von Krebs, der von diesen Tumor-assoziierten Makrophagen gefördert wird“, betont Weckwerth.

Die beiden Labore von Weichhart und Weckwerth arbeiten daran, diesen Mechanismus weiter zu studieren und potenzielle Therapiemöglichkeiten zusammen mit Wissenschaftern der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien, die auf Drug Design spezialisiert sind, zu entwickeln. In diesem Zusammenhang zentral ist das Vienna Metabolomics Center, welches die Analyse und computer-gestützte Modellierung dieser hochkomplexen Vorgänge des Immunsystems und auch des Krebsstoffwechsels erlaubt. Das Vienna Metabolomics Center war daher auch kürzlich in eine Studie involviert, mit der ein neuer Mechanismus zur potentiellen Krebsbekämpfung durch gezielte Fastenperioden und Medikamentengabe aufgeklärt werden konnte.