Die „Harpune fürs Herz“

Marian Kukucka (Oberarzt Kardioanästhesie, links) und Jörg Kempfert (Leitender Oberarzt Herzchirurgie) mit einer graphischen Darstellung des “Harpoon”-Verfahrens. Foto: ©Külker/DHZB

Ein neues Verfahren ermöglicht die Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz am schlagenden Herzen. Es wurde jetzt erstmals am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) eingesetzt.

Die Mitralklappe besteht aus zwei Segeln. Sehnenfäden sorgen dafür, dass die Segel nicht in den Vorhof „durchschlagen“. Sind diese Sehnenfäden krankheitsbedingt verlängert, wird die Klappe undicht. Man spricht dann von einer „primären Mitralklappeninsuffizienz“, der häufigsten Erkrankung der Mitralklappe.

Durch den Ersatz der „ausgeleierten“ Sehnenfäden durch Kunststofffasern kann die Mitralklappe wieder abgedichtet werden. Dieser Eingriff kann am DHZB minimalinvasiv vorgenommen werden. Allerdings muss dazu das Herz stillgelegt und der Kreislauf mit einer Herz-Lungen-Maschine aufrechterhalten werden.

Eine Patientin, bei der diese Operation aufgrund von Vor- und Begleiterkrankungen nicht durchgeführt werden konnte, wurde nun erstmals mithilfe des neuen „Harpoon (Harpune)“-Systems aus den USA behandelt, dass den Ersatz der Sehnenfäden am schlagenden Herzen ermöglicht.

Über einen kleinen Einschnitt im Brustkorb wird dabei ein wenige Millimeter dünnes Rohr durch die linke Herzkammer bis unmittelbar an die Segel der Mitralklappe geführt. Durch diese „Harpune“ werden die Ersatz-Haltefäden durch die Klappensegel „geschossen“ und mithilfe spezieller Schlaufen an den Segeln fixiert. Der Vorgang kann mehrfach wiederholt werden.

Nun zieht die Chirurgin oder der Chirurg die „Harpune“ wieder aus dem Herzen – ­ die Fäden werden gestrafft und außen am Herzmuskel befestigt, die Einstichstelle am Herzen wird vernäht. Der gesamte Eingriff findet unter einer intraoperativen transösophagealen Echokardiographie (TEE) statt. Spezialisierte Fachärztinnen und Fachärzte für Kardioanästhesie arbeiten dabei eng mit den Operierenden zusammen.

Ein Team um Prof.  Jörg Kempfert (Leitender Oberarzt Herzchirurgie) und PD Dr. Marian Kuckucka (Oberarzt Kardioanästhesie) führte den ersten „Harpoon“-Einsatz am DHZB durch. Er sei ohne Komplikationen geglückt, die Patientin hätte sich schnell erholt, wie das Herzzentrum vermeldet.

„Die chirurgische Reparatur erkrankter Mitralklappen ist ein etabliertes und sehr sicheres Verfahren, das ‚Harpoon‘-System dagegen befindet sich noch im Stadium der Erprobung“, sagt Kempfert. „Wir setzen es momentan also nur ein, wenn keine alternative Therapie einer schweren Mitralklappeninsuffizienz möglich ist – sind aber zuversichtlich, dass uns bald weitere Belege der Wirksamkeit vorliegen und wir unseren Patientinnen und Patienten damit eine zusätzliche, schonende Behandlungsalternative anbieten können.“