Die Wissenschaft im Blick der Wissenschaft5. April 2024 Oliver Braganza hat ein Projekt bei der VolkswagenStiftung eingeworben. Foto: Rolf Müller/UKB Wie beeinflussen wissenschaftliche Evaluations- und Belohnungssysteme die Durchführung und die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien? Dieser Frage geht das Projekt „The cultural evolution of scientific practice – from simulation to experimentation“ nach. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt in den nächsten vier Jahren mit rund 1,8 Millionen Euro. Hauptantragsteller war Dr. Oliver Braganzavom Institut für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der auch im Exzellenzcluster ImmunoSensation2, in den Transdisziplinären Forschungsbereichen „Life & Health“ und „Individuals & Societies“ sowie am Center for Science and Thought der Universität Bonn Mitglied ist. Er arbeitet in dem Projetk zusammen mit weiteren Forschenden der Universität Bonn, der Universiteit Utrecht und der Universität Duisburg-Essen. Studien deuten darauf hin, dass eine signifikante Zahl von wissenschaftlichen Publikationen nicht reproduzierbar ist, das heißt im Wiederholungsfall auf dem gleichen Weg nicht zum selben Ergebnis führt. „Simulationsstudien legen nahe, dass dies eine Folge von ‚kulturellen Evolutionsprozessen‘ sein könnte“, erklärt Braganza. Dabei wurde zum Beispiel simuliert, mit welcher Stichprobengröße sich die Zahl der eigenen Publikationen maximieren lässt. Demnach zeigt sich, dass viele Studien mit kleinen Stichproben oft zu mehr Publikationen der Forschenden und damit besseren Karrierechancen führen. „Kulturelle Evolutionsprozesse können immer dann eine Rolle spielen, wenn unser Handeln zum Teil durch kulturelle Faktoren, zum Beispiel Normen, beeinflusst werden“, sagt Braganza. „So ist die Wahl von Stichprobengrößen oft nicht zu 100 Prozent wissenschaftlich begründbar, sondern orientiert sich auch an Normen oder wissenschaftlich erfolgreichen Vorbildern.“ Die Idee sei nun, dass Normen oder Techniken, die im wissenschaftlichen Selektionsprozess maximal erfolgreich sind, auch vermehrt von Professor zu Doktorand ‚vererbt‘ werden. „Die Implikation ist, dass – ohne dass Forschende dies für eine konkrete Studie wissen können – die Literatur mit nicht replizierbaren Resultaten angereichert wird“, erläutert Braganza. Allerdings wurden die Vorhersagen solcher Simulationsstudien bisher nicht experimentell getestet. „Dies ist ungünstig, weil kausale Zusammenhänge nur experimentell etabliert werden können, und weil menschliches Verhalten generell komplexer ist als entsprechende Modell-Annahmen“, sagt der Wissenschaftler. Die Forschenden in dem Projekt schlagen ein Paradigma vor, in dem Empirie, Simulation und Experimente systematisch zusammengebracht werden. Braganza: „Dies wird erlauben, die Vorhersagen von Simulationen mit echten menschlichen Probanden in einem kontrollierten ‚Laborkontext‘ zu testen sowie die Effektivität von Interventionen systematisch zu erforschen.“ Ziel sei es zu untersuchen, wie das Belohnungssystem der Wissenschaft so geändert werden kann, dass mehr reproduzierbare Studien veröffentlicht werden.
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