Digitale Gesundheitsanwendungen: Wenig Evidenz für Nutzen von „Symptom-Checkern“

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Welchen Nutzen haben „Symptom-Checker“ als Gruppe digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) für die Nutzerinnen und Nutzer? Eine aktuelle Studie hat keinen ausreichenden Nachweis eines Vorteils erbracht.

Der Markt für DiGAs boomt, mehrere 100.000 Apps versprechen gesundheitliche Vorteile für ihre Nutzerinnen und Nutzer. Verstärkt hat sich der Trend nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie und sich wiederholende Lockdowns. Die Angebote reichen von niederschwelligen Anwendungen wie Pulsmessern oder Schrittzählern über digitale Erinnerungshilfen für die Einnahme von Medikamenten bis zu ärztlichen Diagnose-Tools. Für die meisten Gesundheits-Apps liegt jedoch nur wenig Evidenz zum tatsächlichen medizinischen Nutzen vor, hatte eine Studie des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) bereits im vergangenen Jahr gezeigt.

Nun hat Studienleiter Reinhard Jeindl vom AIHTA in einer aktuellen Untersuchung die Gruppe der Symptom-Checker evaluiert. Sein Fazit: „Diese Apps sind mit Vorsicht zu verwenden.“ Wer etwa an Kopfschmerzen leidet, gibt auf einer Eingabemaske Alter und Geschlecht ein und wird anschließend von einem Chat-Bot gefragt, wie lange beispielsweise die Kopfschmerzen schon dauern oder ob gleichzeitig Fieber aufgetreten ist. Am Ende der Befragung präsentiert der Symptom-Checker mehrere mögliche Ursachen für die gesundheitlichen Beschwerden. Die digitalen Anwendungen versprechen so eine Unterstützung beim Diagnoseprozess und eine Verbesserung der Steuerung von Patientenflüssen. Die Apps geben häufig nicht nur Handlungsempfehlungen, sondern liefern auch gleich eine Liste an möglichen Diagnosen mit. „Beim Symptom ‚Kopfschmerz‘ können diese von Verspannungen bis zum Hirntumor reichen. Das führt mitunter zu erheblichen Verunsicherungen und Ängsten“, betont Jeindl.

Mangelhafte Studien, verzerrte Ergebnisse

Die Auswahl der in der Studie berücksichtigten Symptom-Checker basiert auf einer systematischen Suche in vier medizinischen Datenbanken. Für die Analyse der Evidenz wurden neben einer Übersichtarbeit, die 27 Studien umfasste, weitere 14 Studien berücksichtigt.

Was die „Sicherheit“ der Symptom-Checker betrifft, wurden bisher zwar keine möglichen Schäden durch Verwendung der Apps identifiziert, die Evidenz zur Genauigkeit der Diagnosevorschläge und der daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen lieferte aber keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Die Studien zu Symptom-Checkern weisen laut den Forschenden methodische Mängel auf, sie werden meist auf Basis von fiktiven, klinischen Fällen über Rollenspiele der Probanden getestet. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Algorithmen der Symptom-Checker mit denselben Fallvignetten trainiert wurden, die auch für die Erhebung der Daten in den Studien herangezogen wurden, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Demnach können die Ergebnisse häufig nicht auf reale Bedingungen umgelegt werden“, betont Jeindl.

Was Nutzerinnen und Nutzer tun können

Anwenderinnen und Anwendern von Symptom-Checkern empfiehlt der Studienleiter auf die Quellen zu achten, auf deren Basis die Diagnosevorschläge abgeleitet werden. „Apps, die verwendete Quellen nicht offenlegen, sind wenig vertrauenswürdig“, gibt Jeindl zu bedenken. Aber auch die Qualität ist ausschlaggebend, „es macht einen großen Unterschied, ob seriöse medizinische Quellen herangezogen werden oder die Informationen von einer Homöopathie-Seite oder Nahrungsergänzungsmittel-Werbeplattform stammen“, ergänzt der Experte.

Für die Kostenrefundierung von DiGAs sollten sich die Versicherungsträger den Studienautoren zufolge an der Relevanz der Anwendungen, ihren technologiespezifischen Anforderungen (z.B. Einhaltung der Datenschutzvorgaben, Kompatibilität mit ELGA) und besonders am Nachweis des Nutzens orientieren. Für Symptom-Checker konnte dieser Nutzennachweis aber „nicht ausreichend erbracht werden“, heißt es im AIHTA-Bericht abschließend.