„Digitalisierung muss entlasten, nicht belasten“

Eine elektronische Patientenakte kann helfen – doch nicht ohne Volltextsuche, mahnen Experten. Foto: woravut – stock.adobe.com

Beim Gesundheitskongress des Westens am 18.04.2024 iin Köln diskutierten Experten die Vor- und Nachteile der Digitalisierung in ärztlichen Praxen. Sie könne durchaus Zeit sparen, so das Fazit, jedoch stimme die Funktionalität in bestimmten Anwendungen noch nicht – besonders bei der elektronischen Patientenakte (ePA).

Was bringt Digitalisierung im ambulanten Versorgungsalltag? Wodurch wird die Praxis wirklich entlastet? An welchen Stellen gibt es Probleme? Diese und weitere Fragen sind im Rahmen einer Diskussionsrunde beim Gesundheitskongress des Westens beantwortet worden. Für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) legte Dr. Georg Diedrich, Geschäftsbereichsleiter IT & Digital Health, den Finger in die Wunde, machte aber zugleich deutlich, dass die Digitalisierung einer der wesentlichen Hebel ist, um den steigenden medizinischen Bedarf zu decken.

ePA-Spezifikation muss nachgebessert werden

„Grundsätzlich stehen die Ärztinnen und Ärzte in Westfalen-Lippe der Digitalisierung offen gegenüber, aber die Produkte und Systeme müssen ausgereift sein und dürfen nicht überhastet eingeführt werden. Sie müssen den Praxisalltag leichter und effizienter machen und dürfen nicht zu einer Mehrbelastung führen. Derzeit melden die Praxen an sieben von zehn Tagen Probleme mit der Telematikinfrastruktur. Das sorgt für Frust und Ärger, hier müssen wir gemeinsam mit aller Kraft gegensteuern“, erklärte Diedrich.

Besonders kritisch blickte er dabei auf die ePA, die jeder Krankenversicherte bis zum 15.02.2025 erhalten soll. Diedrich: „Ohne eine Volltextsuche ist die ePA für den Arzt leider völlig nutzlos, hier muss dringend noch nachgebessert werden. Die Akte muss leicht befüllbar sein, zudem müssen die Daten strukturiert aufbereitet zur Verfügung stehen! Ansonsten kann es zu großen Akzeptanzproblemen kommen.“ Die von der Gesellschafterversammlung der gematik beschlossenen Spezifikationen für die „ePA für alle“ erfüllten bislang leider nicht alle Anforderungen.

Zeitersparnis durch digitalisierte Prozesse

Diedrich machte aber auch klar, dass aus seiner Sicht die Digitalisierung eine wichtige und richtige Antwort auf den wachsenden medizinischen Bedarf und den erhöhten Versorgungsdruck ist: „Jede digitale Anwendung, die einen zeitlichen Vorteil bringt oder zu einer verbesserten Versorgung führt, wird genutzt. Ja, beim elektronischen Rezept hat es anfangs etwas geruckelt. Aber wenn die Technik sauber funktioniert, sparen die Praxen bis zu fünf Stunden pro Woche an Arbeitszeit. Der Einlöseweg über die elektronische Gesundheitskarte, den wir als KVWL immer gefordert haben, hat sich bislang als goldrichtig erwiesen.“

In vielen Praxen in Westfalen-Lippe gehörten digitale Versorgungsformate wie die Videosprechstunde bereits zum Versorgungsalltag, berichtete Diedrich. Allerdings lasse die Finanzierung an einigen Stellen noch zu wünschen übrig: „Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gehen noch zu häufig in Vorleistung. Hier muss der Gesetzgeber zeitnah eine gerechtere Vergütungssystematik finden, die den modernen Versorgungsangeboten gerecht wird. Es kann nicht sein, dass unsere Mitglieder bei der Digitalisierung am Ende noch draufzahlen.“

(KVWL/ms)