DIVI ruft Kliniken zur Meldung von ARDS-Behandlungskapazitäten auf

Mitautoren der DIVI-Simulation zum Intensivbettenbedarf für COVID‑19 im Herbst/Winter 2021: Steffen Weber-Carstens (li.) und Christian Karagiannidis. (Quellen: Charité – Universitätsmedizin Berlin/privat)

Laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) lässt sich nach den Ereignissen der vergangenen Tage eine Pandemie mit dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2/COVID-19) nicht mehr ausschließen.

„In diesem Fall muss mit einem beträchtlichen Aufkommen intensivstationär zu versorgenden Patienten gerechnet werden, die das gesamte Behandlungsspektrum des akuten Lungenversagens erforderlich macht“, sagt Prof. Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim.

Zur bestmöglichen Vorbereitung ruft die Sektion Kliniken dazu auf, ab sofort tagesaktuell Behandlungskapazitäten zu melden. Zudem wird DIVI-Experte Karagiannidis aktuelle Entwicklungen direkt auf dem Twitter-Account der DIVI (@Divi_eV) mitteilen.

Im Zuge der H1N1-Pandemie im Jahr 2009 haben DIVI-Experten ein deutschlandweites Netzwerk aufgebaut, in dem Kliniken ihre Behandlungskapazitäten für Patienten mit akutem Lungenversagen (ARDS) tagesaktuell anzeigen können. „Das ist wichtig, weil wir Betroffene so deutschlandweit viel schneller einer behandelnden Klinik zuweisen können“, sagt Prof. Steffen Weber-Carstens, stellvertretender Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Sprecher des ARDS-ECMO Centrums an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Aktuell sind rund 85 Kliniken in diesem ARDS-Netzwerk miteinander verbunden. Das Melderegister ist unter h erreichbar.

Unterstützung von Kliniken gewünscht: Retrospektive Auswertung der ARDS-Fälle

Die DIVI-Sektion strebt zudem eine retrospektive Auswertung der ARDS-Fälle an. „Wir würden uns über eine Dokumentation betroffener Patienten sehr freuen“, wünschen sich beide Experten. „Im Falle einer Pandemie würden wir nach deren Ende auf die entsprechenden Kliniken im ARDS-Netzwerk zukommen, um die weitere wissenschaftliche Aufbereitung zu besprechen.“

Mitarbeiter im Gesundheitswesen: Zu Ruhe und Besonnenheit aufrufen

Insgesamt sehen beide Experten die Intensivmedizin in Deutschland gut aufgestellt, auch wenn eine „Pandemie für die intensivmedizinischen Behandlungsteams eine große medizinische und logistische Herausforderung als auch psychische Belastung bedeuten wird“, prognostiziert Weber-Carstens. „Neben den medizinischen Aspekten, die im Falle einer Pandemie auf uns zukommen, ist die psychologische Komponente bei einem punktuell nicht auszuschließenden Massenanfall von Patienten eine ganz wesentliche Herausforderung“, unterstreicht Karagiannidis. „Deswegen ist es wichtig, dass sich die Mitarbeiter im Gesundheitswesen auch als Meinungsmultiplikatoren sehen und zu Ruhe und Besonnenheit aufrufen, statt sich von Hysterie und reißerischer Stimmungsmache treiben zu lassen.“