DKG zur Krankenhausstruktur-Studie der Bertelsmann-Stiftung: Kahlschlag in der Gesundheitsversorgung15. Juli 2019 Nach der Studie der Bertelsmann-Stiftung müssten sogar mehr als die Hälfte der Krankenhäuser schließen. Bild: © M. Schuppich -Adobe/Stock „Wer vorschlägt, von ca. 1.600 Akutkrankenhäusern 1.000 platt zu machen und die verbleibenden 600 Kliniken zu Großkliniken auszubauen, propagiert die Zerstörung von sozialer Infrastruktur in einem geradezu abenteuerlichen Ausmaß, ohne die medizinische Versorgung zu verbessern. Das ist das exakte Gegenteil dessen, was die Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ in dieser Woche für die ländlichen Räume gefordert hat“, erklärte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß. Das zentrale Qualitätsmerkmal eines jeden Gesundheitswesens sei der flächendeckende Zugang zu medizinischer Versorgung. Deutschland habe eines der besten Krankenhausversorgungssysteme der Welt, so die DKG. „Hinter der Zentralisierung, die die Bertelsmann-Stiftung vorschlägt, steht die Einschätzung, dass die medizinische Versorgungsqualität nur in Großkrankenhäusern gut bzw. besser werden könnte. Das ist eine absolut unbelegte Einschätzung. Wir messen seit Jahren anhand vieler Indikatoren die Qualität der medizinischen Versorgung. Zum Beispiel auf Inneren Abteilungen Lungenentzündungen, auf Gynäkologischen Abteilungen Geburten, Hüftoperationen usw. Mit wenigen Ausnahmen bestätigt der Gemeinsame Bundesausschuss Jahr für Jahr allen an dem Verfahren beteiligten Kliniken ein hohes Qualitätsniveau. Wo einzelne Kliniken Qualitätsdefizite haben, finden Interventionen statt“, sagte Gaß. Ein großer Teil des stationären medizinischen Versorgungsbedarfes brauche zudem keine Spezialisierung, heißt es weiter. Es handele sich um medizinische Grundversorgung, wie Geburten, viele auch altersbedingte Krankheitsbilder der Inneren Medizin, viele neurologische Krankheitsbilder, geriatrischer Versorgungsbedarf in einer alternden Gesellschaft. Das seien Behandlungen, die möglichst familien- und wohnortnah in erreichbaren Krankenhäusern auch in Zukunft erbracht werden müssen. „Wo Spezialisierungen sinnvoll sind, finden Entwicklungen dorthin längst statt. Es wäre zudem gut, wenn die vielen Initiativen der Krankenhäuser zur Bildung von Zentren nicht länger von den Krankenkassen blockiert würden“, so der DKG-Präsident. Als eine Voraussetzung ihres Konzeptes fordern die Autoren der Bertelsmann-Studie, deutlich mehr bislang stationär erbrachte Leistungen in ambulante Leistungen zu überführen. Hier sehe auch die DKG Möglichkeiten. Dies könne aber nur gelingen, wenn die Krankenhäuser mit ihren medizinischen Kompetenzen und ihrer Infrastruktur für die Erbringung ambulanter Leistungen vom Gesetzgeber zugelassen werden. Die niedergelassenen Praxen könnten diese Leistungen nicht auffangen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten die Versorgungsengpässe im ambulanten Bereich seit Jahren nicht lösen können. Hier gelte es jetzt, neue Wege zu gehen. Insofern greife eine monokausale Erklärung „weniger Krankenhäuser – bessere Qualität“ viel zu kurz. Andere Länder hätten nicht nur ihre Krankenhausstruktur verändert, wie es die Studie als einzige Lösung vorschlage. Vielmehr hätten sie die Strukturreformen mit wirkungsvollen Präventionsprogrammen, grundlegendem Ausbau der ambulanten Versorgung insbesondere auch durch die Kliniken und der Infrastruktur flankiert. Zudem verfügten sie über gänzlich andere Krankenversicherungs- bzw. Finanzierungssysteme. All das werde komplett verschwiegen und mache die Auswertung damit nicht brauchbar. „Was wir benötigen, ist eine aktive Krankenhausplanung, die regionale Besonderheiten ins Auge fasst, Parallelstrukturen abbaut, aber gleichzeitig auch gegen Unterversorgung vorgeht. Was wir benötigen, ist ein vernünftiger Mix aus wohnortnaher Grundversorgung, bei der sich die Patienten auch im Notfall auf zeitnahe Behandlung verlassen können, und hochspezialisierten Leistungen, die in Zentren erfolgen sollen. Die Studie selbst verweist auf die Möglichkeiten, die die Telemedizin bietet, um Grundversorgungsstandorte mit den Kompetenzen der Zentren auszustatten. Dieser Debatte stellen sich die Krankenhäuser gerne, und sie sind auch jederzeit bereit, sich in eine sektorenübergreifende Versorgungsstruktur einzubringen. Wichtigste Zielsetzung von Planungen und Veränderungsprozessen muss aber der Nutzen für den Patienten sein“, machte der DKG-Präsident deutlich. Gaß: „Nicht zuletzt bedeutet aber jede Form von Standortentwicklung gewaltige Investitionsanstrengungen, die weit über die bisherigen Fördermittel der Länder und des Bundes hinausgehen. Auch dazu schweigt sich die Studie aus.“
Mehr erfahren zu: "Neuartiger Stent soll Thromboserisiko reduzieren" Neuartiger Stent soll Thromboserisiko reduzieren Forschende des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP im Potsdam Science Park entwarfen einen sich auflösenden Stent, der aufgrund seiner speziellen Beschichtung die Bildung von Thrombosen verhindern soll. Für die Entwicklung […]
Mehr erfahren zu: "Medizin-Nobelpreis für Immunforscher aus Japan und den USA" Medizin-Nobelpreis für Immunforscher aus Japan und den USA Ihre Entdeckung erklärt, wie der Körper Autoimmunerkrankungen und Allergien verhindert. Sie schuf die Basis für mögliche Therapien gegen Arthritis, Multiple Sklerose oder Typ-1-Diabetes.
Mehr erfahren zu: "Krankenkassen fordern sofortige Kostenbremse" Krankenkassen fordern sofortige Kostenbremse Von Basil Wegener und Sascha Meyer, dpa In wenigen Tagen soll die Ungewissheit über die Beitragshöhe bei den Krankenversicherten im neuen Jahr ein Ende haben. Greift die Politik noch zu […]