DKOU 2018: Digitalsierung in der Endoprothetik

Werner Siebert (r.) mit seinem Patienten Joachim Schander. Foto: Biermann Medizin, hr

Smarte Implantate, 3-D-Druck und dreidimensionale OP-Planung – das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass die Digitalisierung längst in der Endoprothetik angekommen ist. Kongresspräsident Prof. Werner E. Siebert erläuterte auf dem DKOU den aktuellen Stand der technischen Möglichkeiten und wie diese den Patienten nützen.

Wie Siebert betonte, haben Kunstgelenke und die Endoprothetik insgesamt im 20. Jahrhundert Orthopädie und Unfallchirurgie revolutioniert: “Nicht umsonst wird in einem Übersichtsartikel im Jahr 2007 in der hoch angesehenen Zeitschrift „The Lancet“ der Ersatz des arthrotischen oder durch Unfall zerstörten Hüftgelenkes mit einem Kunstgelenk als die „Operation des Jahrhunderts“ bezeichnet.”

Inzwischen habe auch hier die Digitalisierung Einzug gehalten, so Siebert weiter. Er hob hervor, dass die Genauigkeit bei der Implantation von Endoprothesen einer der Faktoren ist, die den Erfolg mitbestimmen. Techniken wie Navigation und computerassistiertes Operieren seien heute ein Standard, der sicherlich weitergeholfen habe, die Ergebnisse zu verbessern. Das gelte auch für patientenindividuelle Implantationsinstrumente und sogar patientenindividuelle Implantate. Damit sei es möglich den Eingriff “schonender und individueller durchzuführen”, erklärte Siebert.

Entsprechende Implantationsschablonen und Implantate können nach Maß im 3-D-Drucker patientenindividuell hergestellt werden. Sie kommen sowohl bei der Primär-Endoprothetik als auch bei schwierigen Revisionsoperationen zum Einsatz. Die Planung erfolgt heute oft dreidimensional an computerassistierten Planungssystemen und diese Planung kann dann exakt in die Operation umgesetzt werden mithilfe von patientenindividuellen Schablonen, Navigationstechniken und nicht zuletzt auch Roboterarmen, die dem Arzt assistieren, um die richtigen Achsenwinkel und Rotationen exakt einzuhalten. Siebert wies zudem auf die verbesserten Möglichkeiten gewebeschonender Operationstechniken hin.

Er stellte klar: “Wenn sich der Gang nach der OP verändert, dann ist das schlecht gemacht.” Insbesondere eine sorgfältige dreidimensionale Planung der Operation helfe dabei, die individuelle Anatomie des Patienten auch mit dem Kunstgelenk so weit wie möglich zu erhalten. Siebert stellte als Ziel die Lebensqualität des Patienten in den Mittelpunkt. Diese gelte es mit dem Eingriff soweit zu verbessern, dass Patienten schnell wieder in ihren Alltag zurückkehren können.

Bei Joachim Schander, der von Siebert 2014 mit einer Endoprothese versorgt wurde, ist das gelungen. Der mittlerweile 73-jährige Architekt war schon immer ein sehr ambitionierter Freizeitsportler, bis Schmerzen aufgrund von Gelenkverschleiß einen Gelenkersatz nötig machten. Schander läuft zwar keinen Marathon mehr, ist aber wieder sportlich aktiv und wie er selbst betonte schmerzfrei.

Holger Haas. Foto: Biermann Medizin, hr

Gute Ergebnisse in der Endoprothetik gebe es heute dank  qualitätssichernder Maßnahmen wie dem EndoCert-Verfahren der DGOOC, so Siebert. Mit Zentren für Endoprothetik habe man die Qualität in allen Endoprothetikbereichen weiter verbessern können. Wie Dr. Holger Haas, Vorsitzender der Zertifizierungskommission EndoCert, ausführte, führen von den rund 1800 deutschen Krankenhäusern etwa 1100 endoprothetische Eingriffe durch. Davon sind 534 bereits zertifiziert. “Mit der Zertifizierung wollen wir vor allem Kliniken ansprechen, die ihren Schwerpunkt im Bereich Endoprothetik sehen”, erklärte Haas. Dabei gibt es zwei Stufen der Zertifizierung: als Endoprothetikzentrum und Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung. In letzterem seien die Fallzahlen höher und es würden unter anderen komplexe Wechseloperationen durchgeführt, so Haas. Qualitätsunterschiede gebe es aber nicht.

Bessere Ergebnisse ermöglicht die Digitalisierung aber nicht nur bei Durchführung und Planung der Operation. Wie Siebert erläuterte, gibt es inzwischen intelligente Implantate, die melden, wenn eine Lockerung oder ein Infekt drohe. Weitere Innovationen seien antimikrobielle Beschichtungen, teilweise so gestaltet, dass die Stoffe freigeben werden, wenn sie gebraucht werden.

Außerdem könne die Belastung des Gelenkes gemessen werden, so Siebert weiter. Dies ermögliche ein Feedback über die Beweglichkeit oder sogar darüber wie gut der Patient seine Übungen ausführt und ob es Störungen gibt, die ein erneutes Einbestellen und Unterstützen des Patienten in die Klinik oder Praxis erforderlich machten. So könne der Fortschritt der Rehabilitationsmaßnahmen heute digital überwacht werden.

“Hier stehen uns noch viele Möglichkeiten offen, die zu einer schnelleren Genesung des Patienten führen werden”, sagte Siebert. Insbesondere die Endoprothetik sei schon weit fortgeschritten, sodass Begriffe wie „Rapid Recovery“ und „Hip-in-a-Day“ inzwischen insbesondere in den USA, aber auch in den skandinavischen Ländern schon weitere Verbreitung gefunden haben. Siebert betonte: “Letzten Endes muss aber immer beachtet werden, dass nicht die Entlassung des Patienten nach einem Tag das Entscheidende ist, sondern dass das Kunstgelenk für den Patienten 20 und mehr Jahre erfolgreich funktioniert und ihm die Lebensqualität zurückgibt, die er vorher nicht mehr hatte.”

(ja)