DOC 2025: Kinder-Augenheilkunde – Ein kritischer Einwurf von Lutz Hesse

Lutz Hesse.Foto.©Hesse

In der Augenheilkunde gehört die Untersuchung von Kindern zu den ungeliebten Aufgaben, um die sich besser andere kümmern, zum Beispiel die Orthoptistinnen aus der Sehschule. Aber Orthoptisten werden weniger, die Schulen können ihre Klassen nicht mehr füllen.

Mittlerweile soll es Praxen geben, die mit einem Schild an der Tür verkünden, dass nur „Kinder älter als zehn Jahre“ angesehen werden. Es werden Aussagen von Eltern berichtet, der Augenarzt respektive die Augenärztin habe gesagt, das Kind müsse erst sprechen lernen, bevor man es untersuchen könne. Es scheint eine Unsicherheit bei der Untersuchung von Kindern zu geben.

Den Lang-Test kennt noch jeder, aber Untersuchungen mittels Bagolini-Gläsern und Skiaskopie sind geheimnisvolle Rituale. Der Eingeweihte hantiert mit Begriffen wie „Fusion“, „alternieren“ und „homonymen Doppelbildern“, während der Adept andächtig danebensteht und auf ein Wunder hofft, dass dieses Geheimwissen plötzlich auf ihn übergeht. Das tut es natürlich nicht, vielmehr gerät die Hospitation in der Sehschule regelhaft zu einer Frustration, weil einfach nicht klar ist, was eigentlich bei der Untersuchung eines Kindes in welchem Alter wichtig ist. Dabei sind die Grundzüge des Binokularsehens leicht zu verstehen, wenn das Prinzip der gängigen Testverfahren verstanden wurde.

Mit dem heute dominierenden bildgebenden Verfahren der optischen Kohärenztomographie wird die morphologische Diagnostik in der Augenheilkunde überbetont. Dagegen geraten die klassischen funktionellen Untersuchungen in den Hintergrund und mit ihnen das dazugehörige Verständnis des binokularen Sehens.

DOC-Kurs bietet seit mehr als 25 Jahren praxisnahen Zugang

Der DOC-Kurs „Kinder-Ophthalmologie“, gegründet von Prof. W. Haase, wird seit mehr als 25 Jahren angeboten und bietet die Möglichkeit, sich praktisch mit dem Thema Kinderheilkunde einzulassen. Die gängigen Untersuchungsmethoden wurden präsentiert, Handhabung und Tricks zu den Verfahren gegeben und jeder Teilnehmer konnte üben! Es standen im großem Umfang Materialien zur Verfügung wie Skiaskope, Lang-Test, Bagolini-Gläser, diverse Tests zur Bestimmung der Sehschärfe. Die Beurteilung der Pupille einschließlich pharmakologischer Tests (auch ein ungeliebtes Thema!) sowie die Untersuchung des Farbsinns wurden dargestellt.

Neuheiten waren nicht zu erwarten, die Untersuchung von Kindern basiert unverändert auf den praktischen Fähigkeiten des Untersuchers und seinen persönlichen Kenntnissen. Eine objektive Refraktion oder ein definierter Winkel sind wichtige Daten bei der Untersuchung eines Kindes, doch der Umgang mit Skiaskop (das einzige Instrument, mit dem Augenärzte Brechungsfehler ,sehen‘ können), Covertest und Prismen wird in der Ausbildung viel zu wenig geübt beziehungsweise eingefordert.

Keineswegs dürfen Untersuchungen eines Kindes mit Verdacht auf Schielen auf das dritte oder vierte Lebensjahr verschoben werden, „weil dann die Kinder besser mitmachen“. Das ist schlichtweg falsch und diskreditiert die Bemühungen der engagierten Kolleginnen und Kollegen. Der Kurs „Kinder-Augenheilkunde“ fand am 16. Mai vormittags (VAR 3) und nachmittags (VAR 4) statt, die Inhalte werden von erprobten Teams seit Jahren erfolgreich vermittelt.

Autor:
Prof. Lutz Hesse
Direktor Augenklinik
SLK-Kliniken Heilbronn GmbH
Am Gesundbrunnen 20-26
74078 Heilbronn
E-Mail:  [email protected]

Anm. d. Red.:
Beide Kurse sind laut Online-DOC-Programm bereits ausgebucht. Prof. Lutz Hesse ist Co-Moderator des DOC-Vormittagskurses VAR 3.