DOG 2021: Auge in Auge mit KI – Keynote-Lecture von Raphael Sznitman1. Oktober 2021 Illustration: © wsf-f – stock.adobe.com „Auge in Auge mit Künstlicher Intelligenz“… der Titel der Keynote-Lecture von Prof. Raphael Sznitman (Bern/CH) lässt bereits erahnen, dass sein Vortrag tiefergehende Einblicke in die Potenziale dieser Technologie für Augenärzte und Patienten eröffnet. „Wer Angst vor Künstlicher Intelligenz (KI) hat, kann sie in dieser Keynote-Lecture verlieren“, lädt DOG-Präsident Prof. Hagen Thieme zum Besuch der Highlight-Präsentation „Eye to eye with AI: Opportunities and Pitfalls“ ein. „Wir haben nur Angst vor dem, was wir nicht kennen“, meint Thieme. Der KI-Experte Sznitman kläre deshalb auf, was KI in der Augenheilkunde heute leisten könne. Wie sehr die Felder der Augenheilkunde und der KI in jüngster Vergangenheit zusammengewachsen sind, zeigt der Leiter des ARTORG* Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern anhand einer eindrucksvollen Grafik. Diese stellt die exponentielle Zunahme entsprechender auf PubMed gelisteter Studien dar, deren Zahl sich im Zeitraum der Jahre 2000 bis 2020 mehr als verzehnfacht hat. Ebenso eindrucksvoll ist ein Kollage-Bild, das den umfangreichen Geräte-Einsatz in der Augenheilkunde verdeutlicht und so auch nachvollziehbar macht, welch große Datenmengen diese meist bildgebenden Geräte im Praxis- und Klinikalltag produzieren. Wo kann KI Augenärzte unterstützen, wo ist sie eventuell sogar leistungsfähiger? Dieser Frage geht Sznitman nach, indem er mehrere Vergleiche Mensch versus KI präsentiert, wobei die Datenmenge von Beispiel zu Beispiel zunimmt. Sind Grader und KI bei der Analyse von Biomarkern in OCT-Bildern noch weitgehend gleichauf, gewinnt die KI bereits bei der Vorhersage von Behandlungserfolgen sowie gut oder schlecht ansprechenden Patienten bei der IVOM-Therapie. Hier liefert KI dem behandelnden Augenarzt wichtige Informationen, ob etwa Therapieintervalle verlängert werden können oder nicht. Noch weiter vorne liegt die KI bei der Fähigkeit aus OCT-Volumenscans Rückschlüsse auf das Alter, das Geschlecht, ja die individuelle Person des Patienten zu ziehen… OCT-Scan als retinaler „Fingerabdruck“? Eine Unterstützung für den behandelnden Augenarzt kann KI auch während der Spaltlampen-Untersuchung bieten. Dies demonstriert Sznitman, indem er zeigt, wie KI aus dem jeweils recht kleinen Beobachtungsgebiet der Spaltlampe in einem dynamischen Prozess ein Panoramabild des Augenhintergrundes erstellt und währenddessen Artefakte automatisch entfernt. Eine Kombination dieses Verfahrens sei künftig auch mit der retinalen Lasertherapie denkbar, meint der Experte. Auch in der Katarakt-Chirurgie kann KI Vorhersagen treffen und helfen, das OP-Management zu analysieren. Aus den vom Mikroskop während des Eingriffes gelieferten Bildern errechnet KI Prognosen, wie lange die jeweils nächsten Phasen der OP – zum Beispiel Rhexis, Phako, Kapselpolitur, IOL-Implantation – dauern werden. Ebenso kann sie die voraussichtliche Gesamtzeit ermitteln und Abweichungen zwischen der erwarteten und tatsächlich benötigten Zeit für einzelne OP-Phasen detektieren. Abschließend verdeutlicht Sznitman nochmals anhand einer Grafik, wie mit der Datenmenge auch die Probleme der Auswertung für den Untersucher anwachsen, aber auch die Gefahr systematischer Fehler in der KI-Analyse. Und so schließt er seine Präsentation mit dem Appell, bei KI-Lösungen, die großen „Datenhunger“ haben, auf die Qualität ebenjener Daten zu achten, mit denen KI „gefüttert “ wird. (dk) *Anm. d. Red.:ARTOG = Artificial Organ Center for Biomedical Engineering Research (www.artorg.unibe.ch)Das ARTORG Center erarbeitet technische Lösungen für klinische Probleme, die etwa zu verbesserten Diagnosen oder Therapien führen. Unter anderem werden hier künstliche Organe auf Chips, Robotik im Bereich der Chirurgie und Rehabilitation sowie mit Künstlicher Intelligenz betriebene Smartphone-Apps entwickelt.Raphael Sznitman kam 2014 als Leiter der Forschungsgruppe „Ophthalmic Technology Laboratory“ ans ARTORG Center. Zuvor war er Postdoc-Stipendiat am Computer Vision Laboratory der École Polytechnique Fédérale in Lausanne. Er besitzt einen Bachelor in Cognitive Science der University of British Columbia (Kanada) und promovierte in Informatik an der Johns Hopkins University (USA). Sznitman hat im Bereich Augenheilkunde durch Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen klinische Anwendungen entwickelt, von denen einige bereits im Einsatz sind. Quelle: Universität Bern
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