DOG 2022: Spendermangel in der Hornhauttransplantation – sind Fischschuppen die Lösung?1. Oktober 2022 [email protected] Die Hornhauttransplantation ist die häufigste Transplantation im Bereich der Medizin trotzdem besteht vor allem in sich entwickelnden Ländern ein Spendermangel. Wie man diesem Problem begegnen könnte, erörterte Prof. Claus Cursiefen auf der virtuellen Pressekonferenz der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) im Vorfeld ihres 120. Kongresses. Die Keratoplastik ermöglicht es, korneal „Blinde“ wieder sehen zu lassen. Die Hornhauttransplantation an sich und vor allem die in den letzten Jahren entwickelten lamellären, minimalinvasiven Verfahren sind eine echte Erfolgsgeschichte der Augenheilkunde. Sie wird pro Jahr in Deutschland über 9 000-mal durchgeführt, europaweit etwa 40 000-mal. Während in Deutschland und Europa nur ein „relativer“ Spendermangel herrscht, hat dieser im Bereich der sich entwickelnden Länder dramatische Ausmaße. Man kalkuliert auf einen Spender etwa 70 potenzielle Empfänger, von denen dann eben 69 nicht zum Zuge kommen, wie Prof. Cursiefen, Generalsekretär der DOG und Direktor des Zentrums für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln erläuterte. Der DOG-Experte Cursiefen zeigte verschiedene Möglichkeiten gegen den Spendermangel oder zur Spendergewebs-Nutzungsoptimierung auf: Zuallererst natürlich die Erhöhung der Spenderbereitschaft: Die DOG fordert seit Langem dazu auf, sich einen Spenderausweis zuzulegen und bereits zu Lebzeiten dort zu markieren, ob und gegebenenfalls was man nach seinem Tode zu spenden bereit ist. Das erleichtert nicht nur der eigenen Verwandtschaft, sondern auch den Ärzten im Krankenhaus die Arbeit – und erhöht die Spenderzahl. Das sogenannte Split-Cornea-Konzept: Man kann ähnlich wie in der Lebertransplantationschirurgie eine Spenderhornhaut zum Teil für zwei oder noch mehr Empfänger verwenden. Dies geht seit Einführung der minimalinvasiven, lamellären Transplantationschirurgie dadurch, dass zum Beispiel die allerinnerste Schicht der Hornhaut (etwa fünf µm dick) für Patienten für eine hintere Teiltransplantation verwendet wird, während der vordere Teil (die vorderen 98%) für Patienten, bei denen nur der vordere Teil ausgetauscht wird, verwendet wird. Dies kann potenziell zu einer Verdopplung der Nutzung des Spendergewebes führen (Konzept: „Teilen hilft Sehen“). Mittels zelltherapeutischer Verfahren kann aus einer Spenderhornhaut potenziell Gewebe für noch deutlich mehr Empfänger verwendet werden. Hier gibt es bereits erste Ansätze gerade im asiatischen Bereich für die Transplantation von Endothelzellen bei Patienten mit Erkrankung der hinteren Hornhautschicht. Die Verwendung künstlicher Hornhäute: Hier kommt vor allem die sogenannte Boston-Keratoprothese zum Einsatz wie bei Patienten mit schwersten Erkrankungen des Auges, bei denen das normale Hornhaut-Transplantationsverfahren nicht mehr erfolgversprechend ist. Limitierend sind hier assoziierte Komplikationen. Die Biocornea: Hier gibt es verschiedene Ansätze, biologisch abbaubares Gewebe zu verwenden, das peu à peu vom Empfänger übernommen wird. Ein Beispiel ist die sogenannte Fischschuppentechnik. Hier wird mittels modifizierter Fischschuppen des Fisches Tilapia ein durchsichtiges und stabiles Transplantat generiert, das dann als Matrix dient und nach und nach vom Empfänger übernommen wird. Eine erste, gerade zur Publikation eingereichte prospektive, multizentrische Studie zur Verwendung dieses Gewebes bei akuten Hornhaut-Notfällen (Perforation) konnte zeigen, dass das Gewebe gut vertragen und auch nicht abgestoßen wird, obwohl es sich um eine Xenotransplantation handelt. Hier müssen weitere Studien zeigen, wie weit damit tatsächlich auch ganze Hornhäute übertragen werden können. Dann wäre dieser Ansatz potenziell ein weltweit nutzbarer Ansatz zur Hornhauttransplantation auch und gerade in sich entwickelnden Ländern. Die Fischschuppentransplantation ist aktuell ein interessanter Ansatz zur Behandlung von Verletzungen des Auges, aber noch nicht die Lösung aller Probleme im Bereich des Transplantationsgewebemangels. Weitere Untersuchungen und weitere Studien sind nötig, wie Prof. Cursiefen zusammenfassend hinzufügte.
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