DOG 2022: Von Präsidentenreden und historischen Dimensionen

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Mit einer humorigen Vor- und Schlussbemerkung umrahmte DOG-Präsident Prof. Gerd Geerling seine Präsidentenrede zur Kongress-Eröffnung. Wie schafft man es, dass sich die Augenärzte auch noch in 100 Jahren an die DOG 2022 erinnern?

Soll eine Präsidentenkongresseröffnungsrede unvergessen bleiben – ja, dann braucht sie Aussagen von historischer Gültigkeitsdauer. Diesen Rat, so Geerling, habe ihm ein Freund – ein Historiker übrigens – gegeben und gemeint, es brauche dann einen Satz wie zum Beispiel: „Ich habe mir das Ziel gesetzt, den Berufsverband der Augenärzte abzuschaffen.“ BVA-Chef Dr. Peter Heinz, in unmittelbarer Sichtweite des DOG-Präsidenten, lachte genüsslich, hatte er doch gerade erst in einem Grußwort mit beufspolitischem “Wumms” die Notwendigkeit dargelegt, mehr denn je für die Interessen der Augenärzte zu kämpfen.

Geerling erklärte, er wolle nun mit seiner Rede versuchen, den Rat des Freundes zu befolgen, um – wie auch schon seine Vorgänger – Aussagen von dogmatischem Charakter zu formulieren, allesamt nachzulesen im Fachjournal „Die Ophthalmologie“.

Die Abschaffung des Berufsverbandes setzte Geerling dann (selbstverständlich) nicht auf die Agenda seines Wirkens im Fach. Die „historischen Statements“ am Schluss der Präsidentenrede hatten aber trotz des gelockerten Tons durchaus ernstzunehmenden Charakter. Dabei griff Geerling nicht ein Jahrhundert voraus, sondern lediglich überschaubare acht Jahre und er definierte vier Ziele für die „Augenheilkunde im Jahr 2030“. Die Statements im Einzelnen:

  • Im Jahr 2030 haben die deutschen Augenärzte eindeutig die Kompetenz und Zuständigkeit für teleophthalmologische Versorgung etabliert, führen mehrfach wöchentlich entsprechende Teleophthalmologie-Sprechstunden durch und reduzieren dadurch in relevantem Ausmaß den mobilitätsbedingten CO2-Fußabdruck des Faches.
  • Im Jahr 2030 haben wir evidenzbasiert geklärt, ob chirurgische Einmalinstrumente finanziell uninteressant sind, da ihr Beschaffungspreis um ihren CO2-Preis erhöht wurde, oder sie haben Mehrweginstrumente endgültig verdrängt, da der aufwendige und toxische Sterilisationsprozess deren Ökobilanz noch viel schlechter aussehen lässt.
  • Im Jahr 2030 Jahr werden sehr aufwendige Behandlungen – von der Femto-Laser-Katarakt-OP über die Gentherapie bis zur Stammzelltransplantation – offiziell rationiert und nur in wenigen Zentren mit besonderer Expertise gebündelt.
  • Im Jahr 2030 Jahr wurden die Abschöpfung von Shareholder Value aus dem Gesundheitswesen abgeschafft und Investoren als Träger von Gesundheitseinrichtungen enteignet.
    Und: Den Berufsverband gibt es immer noch (Applaus im Saal).

Schließlich wurde es dann doch wahrhaft historisch: Geerling fügte seinen eingangs eingestreuten „Flashbacks“ auf die virtuellen DOG-Kongresse 2020 und 2021 zu guter Letzt noch ein paar weitere hinzu. Ins Laptop-Mikro gemurmelte und in die Screen-Frame-Kamera hineingeguckte Sätze wie „Ich komme nicht rein“, „Hallo, Du bist noch gemutet“ oder „Nimm doch mal den Hund weg, ich bin online“ werden allzeit unvergessen bleiben – und tragen zur Freude bei, sich in Berlin wiederzusehen. (dk)