DOG 2024: Aktuelle augenprothetische Versorgung – Alles reine Ästhetik und nur Sache der Ocularisten?

Alexander C. Rokohl auf der DOG-Pressekonferenz. Foto: Kaulard/Biermann Medizin

Der Verlust eines Auges ist für die Betroffenen immer ein folgenschwerer Einschnitt im Leben. Auf der DOG-Pressekonferenz 2024 informierte Dr. Alexander C. Rokohl, Leiter der augenprothetischen Spezialsprechstunde am Zentrum für Augenheilkunde der Universität Köln, zur Lage der augenprothetischen Versorgung in Deutschland.

Rokohl berichtete, dass jährlich in Deutschland etwa 2000 Enukleationen aufgrund verschiedener medizinischer Indikationen wie Traumata, maligner Tumoren, schwerer Infektionen oder angeborener Fehlbildungen durchgeführt werden. Der Verlust eines Auges stelle für die betroffenen Patienten häufig ein einschneidendes Erlebnis dar, das neben den körperlichen Folgen auch erhebliche psychologische und emotionale Belastungen mit sich bringe. Dies kann, so Rokohl, zu ernsthaften psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Ängsten und sozialem Rückzug führen.

Ästhetische Ansprüche – und darüber hinaus

Auch der ästhetische Aspekt spiele nach einer Enukleation eine zentrale Rolle und beeinflusse maßgeblich das Selbstbewusstsein, die Lebensqualität sowie die soziale Integration der Patienten, berichtete Rokohl. Gerade bei zusätzlicher Diagnose eines malignen Tumors sei eine frühzeitige, nahtlose Rehabilitation von größter Bedeutung. Hier komme der optisch ansprechenden, individuell angefertigten Augenprothese eine entscheidende Funktion zu. Rokohl betonte, dass diese jedoch nicht nur ästhetische Ansprüche erfüllt, sondern wesentlich zur psychischen und sozialen Rehabilitation beiträgt.

Für die Augenärzte sei es essenziell, über Grundkenntnisse in der augenprothetischen Versorgung zu verfügen. Diese seien notwendig, um eine effektive Rehabilitation sicherzustellen, Patienten fachkundig zu beraten, mögliche Komplikationen zu erkennen und gegebenenfalls therapeutisch einzugreifen.

Probleme beim Tragen von Augenprothesen

Rokohl schilderte weiter, dass beim Tragen von Augenprothesen jedoch diverse Probleme auftreten können, die den Tragekomfort beeinträchtigen und Schmerzen verursachen. Verschiedene Krankheitsbilder wie Konjunktivitiden, das „Dry Anophthalmic Socket Syndrome“ (DASS), der sogenannte „Contracted Socket“ und das „Post-Enukleation Socket Syndrome“ (PESS), träten häufig auf. Die Behandlungsmöglichkeiten, so der Experte weiter, reichen von konservativen Maßnahmen bis hin zu umfangreichen chirurgischen Eingriffen. Allerdings würden zu vielen dieser Krankheitsbilder evidenzbasierte Therapieempfehlungen und Leitlinien fehlen, was den Forschungsbedarf in diesem Bereich deutlich mache.

Ganzheitliches Versorgungskonzept

Der Experte betonte, dass eine optimale Versorgung oft die enge Zusammenarbeit zwischen Ocularisten und ophthalmoplastischen Chirurgen erfordert. Nur ein gemeinsames Therapiekonzept gewährleiste in vielen Fällen das bestmögliche Ergebnis. Rokohl informierte, dass das Medizinische Zentrum für Augenprothetik in Köln deshalb über die reine augenprothetische Versorgung hinaus gehe. Dieses würde mit einem ganzheitlichen Konzept, das auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und jahrzehntelanger Erfahrung basiere, eine interdisziplinäre Betreuung durch erfahrene Ocularisten und spezialisierte Ärzte an einem Standort bieten. Das sei ein einzigartiges Angebot in Deutschland.
Aktuelle Forschungsthemen und bestehende Lücken in der Augenprothetik würden hier ebenfalls aktiv angegangen. Die enge Zusammenarbeit von Ocularisten und ophthalmoplastischen Chirurgen sorge für ein bestmögliches medizinisches Ergebnis. Rokohl bekräftigte, dass die augenprothetische Versorgung heute in Deutschland weit mehr als reine Kosmetik und nicht nur die Aufgabe der Ocularisten sei. Sie erfordere das Zusammenwirken eines multiprofessionellen, interdisziplinären Expertenteams.