Doppelte Förderung für neue Methode in der Krebsdiagnostik

Links: MRT-Bild einer Maus mit Tumor (rot). Rechts: Nach Injektion des signalvertärkten Stoffwechselprodukts leuchtet spezifisch die Tumorregion auf. (Abbildungen: © Henning Schroeder/Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften)

Ein effizientes Kontrastmittelverfahren für die Bildgebung mit Magnetresonanztomographie (MRT) lässt darauf hoffen, dass Tumore anhand ihrer Stoffwechselaktivität von gesundem Gewebe unterschieden werden können.

Krebszellen sind wahre Energiefresser, denn sie wachsen und teilen sich um ein Vielfaches schneller und häufiger als gesunde Körperzellen. Den daraus folgenden stark erhöhten Energiebedarf decken sie, indem sie ihren Zuckerstoffwechsel verändern. Über die Milchsäuregärung wandeln sie den molekularen „Brennstoff“ Glukose zum körpereigenen Stoffwechselmolekül Pyruvat und schließlich zu Laktat um. In klinischen MRT-Studien verwenden Wissenschaftler Pyruvat bereits als Biomarker für Krebserkrankungen, da Tumorzellen eine deutlich höhere Konzentration an Milchsäure aufweisen als gesunde Zellen. Diese Eigenschaft machen sich Dr. Stefan Glöggler und sein Team für ihr MRT-Verfahren zunutze.

„Wir erhöhen mit einer speziellen Form von Wasserstoff während einer Reaktion in wenigen Sekunden das Kernspinsignal des Pyruvats um viele tausendmal. Diese Signalverstärkung ist nötig, um die Umwandlung der Pyruvat-Moleküle in Laktat gezielt beobachten zu können – sie dienen uns also als Kontrastmittel“, erklärt Glöggler. Er leitet die Forschungsgruppe NMR-Signalverstärkung am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften und am Center for Biostructural Imaging der Universitätsmedizin Göttingen.

Von links nach rechts: Sergey Korchak, Stefan Glöggler und Henning Schroeder. (Foto: © Anna Hübner/Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften)

Das signalverstärkte Pyruvat verabreichte das Team um Glöggler Mäusen, die an bösartigen Tumoren litten. Anschließend verfolgten die Forschenden in Echtzeit, wie Pyruvat in Milchsäure umgewandelt wurde. „Da diese Reaktion charakteristisch für Krebszellen ist, konnten wir in den Nagern die Tumore anhand ihrer Stoffwechselaktivität klar von gesundem Körpergewebe abgrenzen“, sagt der Chemiker.

Förderung vom ERC und von der ForTra

Die Entwicklungen und Erkenntnisse der Forschungsgruppe sollen nun rasch in die klinische Anwendung gebracht werden, damit sie auch Patienten zugutekommen. Dafür erhält Glögglers Team finanzielle Unterstützung vom Europäischen Forschungsrat (ERC) und von der ForTra gGmbH für Forschungstransfer der Else Kröner-Fresenius-Stiftung.

Die Förderung durch die ForTra stellt Mittel über zwei Jahre bereit. Diese möchten die Göttinger Wissenschaftler nutzen, um einen ersten klinischen Prototyp eines Gerätes zu entwickeln, das zur Signalverstärkung der verwendeten metabolischen Kontrastmittel in der Klinik zur Tumordiagnostik eingesetzt werden kann. Der Prototyp soll die speziellen Kontrastmitteldosen in ausreichenden Mengen produzieren. „Bevor wir die Technologien klinisch anwenden können, ist allerdings noch eine behördliche Zulassung nötig. Wir haben hierfür die ersten Schritte bereits eingeleitet, es wird allerdings noch etwas Zeit vergehen bis zu den ersten Humanstudien“, betont Glöggler.

Wichtig für Onkologie und Untersuchungen von Entzündungen

Dafür werden die Forschenden eng mit Prof. Joachim Lotz, Direktor des Institutes für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Professor an der Universitätsmedizin Göttingen, zusammenarbeiten. „Dieses neue Kontrastmittelverfahren ist eine Technologie, auf die wir lange gewartet haben. Sie erlaubt eine schnelle und vor allem wiederholbare Anwendung an Patient*innen und wird insbesondere wichtig für die Onkologie und zur Untersuchung von Entzündungen sein“, so Lotz. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Henning Schroeder und Dr. Sergey Korchak aus Glögglers Gruppe übernehmen dabei die biologische und technische Leitung des Projektes, Lotz und sein Team sind für die medizinisch-klinische Umsetzung zuständig. Sie sehen die größten Chancen darin, die Krebsdiagnostik günstiger, breiter verfügbar und präziser zu machen.

Die zweite Förderung, ein Proof of Concept Grant des ERC, knüpft an den mit 1,5 Millionen Euro dotierten ERC Starting Grant an, den Glöggler 2020 erfolgreich einwarb. Mithilfe der Finanzierung möchte er mit seinem Team neue von ihnen entwickelte Kontrastmittel evaluieren, die weitere Stoffwechseländerungen in Krankheiten früher sichtbar machen.

Die ForTra ist eine nach den deutschen steuerrechtlichen Vorschriften als gemeinnützige anerkannte Tochtergesellschaft der Else Kröner-Fresenius-Stiftung. Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der medizinischen Wissenschaft und Forschung sowie die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens durch die Übertragung medizinischer Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung zum Nutzen der Patient*innen sowie der öffentlichen Gesundheitspflege.