DR-Screening mit dem Smartphone – auch in Deutschland möglich

Dr. Maximilian Wintergerst bei seinem Einsatz in Bangalore zur Durchführung der Pilotstudie. Foto: privat/Wintergerst

Das Smartphone könnte in Zukunft augenärztliche Untersuchungen ermöglichen – in Entwicklungsländern ebenso wie in deutschen Pflegeheimen oder Kliniken.

Aus einer Handykamera und bestimmten Aufsätzen haben Bonner Wissenschaftler  ein einfaches Untersuchungsgerät zusammengestellt; vor allem Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern soll dieses zugutekommen. Mit einer Forschungsförderung der DOG – Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft konnten die Forscher das Verfahren im Rahmen einer Pilotstudie in Indien erfolgreich testen. Auch in Deutschland, so die DOG, wäre ein Einsatz denkbar, etwa in Pflegeheimen oder ländlichen Regionen.

Rund 250 Millionen Menschen weltweit sind nach Angaben der Fachgesellschaft blind oder sehbehindert. Viele dieser Erblindungen wären durch regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt vermeidbar. Vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern fehlt es jedoch an ausreichender augenärztlicher Versorgung. Mithilfe einer modifizierten Handykamera könnte geschultes ärztliches Personal zukünftig Augenuntersuchungen vornehmen. Schwere Augenerkrankungen können so frühzeitig erkannt und behandelt werden.

„Smartphones sind heutzutage allgegenwärtig und die Kameras vieler Geräte sind so gut, dass sie sich prinzipiell für die medizinische Bildgebung eignen“, sagt Dr. Maximilian Wintergerst von der Universitätsaugenklinik Bonn, der die Methode bei einer Pilotstudie in Bangalore, Indien, getestet hat. Dort untersuchte er mit seinem Team 200 Menschen, die an Diabetes erkrankt waren. Mithilfe eines speziellen Adapters ist es möglich mit der Smartphone-Kamera Bilder vom Augenhintergrund aufnehmen konnten. Bei jedem fünften Patienten entdeckte das Team Anzeichen einer Diabetischen Retinopathie (DR).

Geringe Anschaffungskosten, hohe Mobilität
„Der große Vorteil dieser Methode sind die geringen Anschaffungskosten für die Geräte und die hohe Mobilität“, erklärt Wintergerst. Die mobilen Untersuchungsteams benötigen ein Smartphone mit guter Kamerafunktion und einen Adapter für einige 100 Euro. Eine sehr preiswerte Variante dieses Adapters entwickelten die indischen Augenärzte aus Bangalore aus einem LED-Lämpchen, einer Batterie und einem Klebeband.
Die Smartphone-Aufnahmen, so räumt Wintergerst ein, reichten qualitativ zwar nicht an die konventioneller Geräte in einer Augenarztpraxis heran, „für Menschen in medizinisch unterversorgten Regionen bieten sie aber eine leicht zugängliche, erschwingliche Alternative.“
Ideal wäre die Kombination mit Telemedizin, meint Wintergerst, sodass die Aufnahmen also von ärztlichem Hilfspersonal angefertigt und an eine Augenklinik übermittelt würden, wo ein Augenarzt sie ansehen und beurteilen könnte. Denn das Problem in Schwellen- und Entwicklungsländern sei, dass es meist nicht genügend Augenärzte gebe, um all die notwendigen Untersuchungen zu machen. „Denkbar wäre etwa ein mobiles Augenscreening für Menschen mit Diabetes oder von Frühgeborenen, die häufig mit Augenproblemen zu kämpfen haben“.

In Deutschland könnte die Methode möglicherweise in Pflegeheimen oder in ländlichen Regionen zum Einsatz kommen. Dort litten ebenfalls viele Menschen an Sehproblemen, der Weg zum Augenarzt stelle aber oft ein großes Hindernis dar. „Aber auch in bestens ausgerüsteten Universitätskliniken gibt es Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise zur Dokumentation des Augenhintergrundes von bettlägerigen Patienten“, sagt Wintergerst.

Quelle: DOG