Durch Antibiotika geschädigtes Darmmikrobiom: Forschende ermitteln eine Rolle auch für die Outcomes beim Ovarialkarzinom

Abbildung: © mi_viri/stock.adobe.com

Eine Neubewertung der Art und Dosierung von Antibiotika könnte laut US-Forschenden die Überlebensraten bei Eierstockkrebs verbessern.

Die in „Cancer Research“ veröffentlichten Ergebnisse stellen den Standard der Behandlung des Ovarialkarzinoms infrage. Zwar seien Antibiotika für die Therapie bakterieller Infektionen während der Krebsbehandlung unerlässlich, schreiben die Forschenden aus der Cleveland Clinic (USA) – sie töteten aber auch Bakterien ab, die für Patientinnen mit Eierstockkrebs wichtig sein können, um auf eine Chemotherapie anzusprechen.

Die Auswahl von Antibiotika beziehungsweise deren Dosierungen, die nachweislich einen größeren Anteil des Darmmikrobioms erhalten, könnte das Gleichgewicht der Bakteriengesamtheit im Darm bewahren und das Voranschreiten des Tumors oder Behandlungsresistenzen verhindern, erklärt Dr. Ofer Reizes vom Department of Cardiovascular & Metabolic Sciences und leitender Prüfarzt der Studie.

Die aktuelle Arbeit befasst sich eingehender mit den Ergebnissen, die vom Cleveland Clinic Women’s Health Institute in „Gynecological Oncology“ veröffentlicht wurden: Hier beobachteten Wissenschaftler niedrigere Überlebensraten bei Patientinnen mit Eierstockkrebs, die mit Antibiotika behandelt wurden. Obwohl die meisten Patientinnen mit Ovarialkarzinom auf eine Chemotherapie ansprechen, treten Tumore bei mehr als 80 Prozent der Betroffenen wieder auf, was zu einer Überlebensrate von weniger als fünf Jahren führt.

Eine gemeinsame Betrachtung dieses Problem durch das Mikrobiom könne helfen zu erklären, warum einige Patientinnen anfänglich gegen eine Chemotherapie resistent sind, und zudem beim Einsatz von Antibiotika in der klinischen Praxis helfen, erklärt Dr. Chad Michener, stellvertretender Vorsitzender des Ob/Gyn & Women’s Health Institute.

Reizes Team beobachtete den untersuchten Zusammenhang in präklinischen Modellen und stellte ein erhöhtes Tumorwachstum, ein verringertes Ansprechen auf eine Chemotherapie und ein verringertes Überleben nach dem Beginn einer Antibiotikatherapie fest. Das Untersuchungsteam, dem Mitglieder des Zentrums für Mikrobiom und menschliche Gesundheit angehörten, konzentrierte sich auf das Darmmikrobiom und führte zusätzliche Untersuchungen durch, um zu zeigen, dass die Wiedereinführung gesunder Bakterien in den Darm ausreicht, um das Wachstum eines Ovarialkarzinoms zu verlangsamen und die Empfindlichkeit des Tumors gegenüber einer Chemotherapie wiederherzustellen.

„Die aktuellen Ergebnisse deuten darauf hin, dass wir Patientinnen nicht auf Teufel komm raus mit Antibiotika behandeln sollten“, sagt Reizes. „Antibiotika sind für die Patientenversorgung von entscheidender Bedeutung, aber wir müssen die langfristigen Auswirkungen auf den Körper berücksichtigen und angehen.“

Ärzte müssten „gute Stewards“ für den Einsatz von Antibiotika sein, erklärt auch Michener. Dabei liefere die neue Studie weitere Evidenz für die Auswahl gezielter, kurzfristiger Antibiotika zur Behandlung von Infektionen und die Überlegung, wann Antibiotika zur Prophylaxe erforderlich sind. Die übermäßige Verschreibung von Antibiotika stelle aufgrund der Entwicklung von Resistenzen bereits ein Problem für medizinische Teams dar, die sich mit Infektionskrankheiten beschäftigen.

Die Studie dient auch als Ausgangspunkt für die Erforschung von Möglichkeiten, wie Bakterienkolonien im Darm am effektivsten wieder aufgebaut werden können. Manche Patienten könnten möglicherweise von der Wiedereinführung von Bakterien durch Verfahren wie dem Stuhltransfer profitieren, während andere ihren Darm durch bestimmte Arten von Probiotika oder Ernährungsumstellungen wieder ins Gleichgewicht bringen könnten.

Laut Reizes arbeitet sein Team derzeit daran, ob die Einführung spezifischer Metaboliten, die von den in der Studie identifizierten Bakterien produziert werden, bei der Wiederherstellung dieses Gleichgewichts helfen könnte. In der Studie machten zwei Metaboliten auf sich aufmerksam, die eine Rolle bei der Empfindlichkeit gegenüber der Behandlung und der Unterdrückung des Tumorwachstums spielen könnten: Indol-3-propionsäure und Indoxylsulfat.