Ein Rezept für den zukünftigen Fachärztemangel – Sind Operationstechnische Assistenten und Physician Assistents eine Lösung?22. Oktober 2024 Foto: Gorodenkoff – stock.adobe.com Im vorliegenden Beitrag gibt der Generalsekretär von DGU und DGOU einen Überblick darüber, welche Rolle die noch jungen Berufe Operationstechnischer Assistent (OTA) und Physician Assistent (PA) einnehmen können, um dem Problem des Fachärztemangels entgegenzutreten. Wir verzeichnen zwar ein leichtes Wachstum bei der Zahl der Ärztinnen und Ärzte, leider reicht dieser Zuwachs aber bei Weitem nicht aus, um den Behandlungsbedarf einer Gesellschaft des langen Lebens auf Dauer zu decken. Dieser besorgniserregenden Entwicklung dürfen Bund und Länder nicht länger tatenlos zusehen. Was wir jetzt brauchen, sind eine konsequente Nachwuchsförderung und bessere Ausbildungsbedingungen im ärztlichen Bereich“, äußerte sich Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), zu den Ergebnissen der aktuellen Ärztestatistik1. Die ärztliche Arbeitszeit hat sich in den vergangenen 25 Jahren signifikant verändert. Neben den originären Aufgaben der Patientenversorgung hat der durch den Gesetzgeber und die Kostenträger verursachte administrative Aufwand ärztliche Arbeitszeit vom Patienten weg zur immer weiter um sich greifenden Dokumentation hin verlagert. Dies ist keinesfalls eine unausweichliche Notwendigkeit, sondern der überbordenden Bürokratie sowohl im stationären als auch im ambulanten Versorgungsbereich geschuldet. Als Folge stehen immer weniger Ärzte, die zusätzlich auch in Teilzeitmodellen arbeiten, für die Tätigkeit am Patienten zur Verfügung. Dies gilt in gleicher Weise für den Pflegebereich, der ebenfalls durch kaum nachvollziehbare Anforderungen an die Dokumentation vom Patienten ferngehalten wird. Um diese Problematik zu adressieren, wurde nicht etwa die extrem gestiegene Dokumentationsanforderung adressiert, sondern nach Lösungen gesucht, Ärzte zu entlasten durch die Einführung des OTA und des PA. BÄK und Kassenärztliche Bundesvereinigung haben 2017 hierzu ausgeführt: „In Weiterentwicklung dieser Gedanken haben der 118. und der 119. Deutsche Ärztetag in den Jahren 2015 und 2016 für ein bundeseinheitlich geregeltes, neu einzuführendes Berufsbild Physician Assistant votiert. Physician Assistant ist eine aus dem internationalen Sprachgebrauch entlehnte Bezeichnung für einen hochschulisch qualifizierten Gesundheitsberuf (Bachelorniveau), der vom Arzt delegierte Aufgaben übernimmt. Er soll Ärzte in enger Zusammenarbeit mit diesen unterstützen und entlasten, womit einer Zersplitterung der Versorgung, einer Potenzierung von Schnittstellenproblemen, Unwirtschaftlichkeit und fraglichen Auswirkungen auf Patientensicherheit und Versorgungsqualität entgegengewirkt werden soll. Die Idee der einheitlichen Heilkundeausübung des Arztes bleibt dadurch zentral und gewahrt.“ Im Jahr 2022 waren laut statistischem Bundesamt 173.321 ärztliche Vollkräfte in Krankenhäusern tätig. Hinzu kamen 792.007 nichtärztliche Vollkräfte. Zum Anteil von OTA und PA gibt es in dieser Statistik keine separate Angabe1. Seit Einführung im Jahr 2005 haben 179 Absolventen von PA-Studiengängen in Deutschland bis 2015 eine unmittelbar anschließende Beschäftigung in der Patientenversorgung aufgenommen. Im Oktober/November 2015 befanden sich bereits mindestens 225 Studierende der PA-Studiengänge in Ausbildung. Der Einsatzbereich liegt derzeit in der stationären Versorgung, sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum sowie im Bereich von Maximalversorgern. Inzwischen (2022) sind mehr als 1000 PA in Deutschland tätig. Laut Umfrage des „Deutschen Ärzteblatts“ ist der Großteil (77 %) weiblich, im Mittel 30 Jahre alt und kinderlos (53 %). 94 Prozent der befragten PA waren zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig, überwiegend (84 %) im Berufsfeld PA. Sehr wenige (3 %) arbeiten im Pflegebereich. Als monatliches Bruttoeinkommen wurden im Mittel 3500 bis 4000 Euro genannt. Das Einkommen steige, so der DHPA, signifikant mit Lebensalter und Berufserfahrung. Bei 23 Prozent der PA liege das Bruttoeinkommen über 4000 Euro.2 PA übernehmen aufgrund ihrer hochschulischen Ausbildung die Begleitung komplexer Dokumentations- und Managementprozesse und organisatorischer Verfahren. Sie sind in der Lage, Ärzte in verschiedenen Tätigkeitsbereichen flexibel immer dann zu entlasten, wenn es sich nicht um höchstpersönlich vom Arzt zu erbringende Leistungen handelt. Die OTA-Ausbildung ist seit dem Jahr 2022 staatlich anerkannt.3 Als Voraussetzung zur Aufnahme der Ausbildung wird vom Deutscher OTA-Schulträger-Verband e. V. genannt: der Realschulabschluss oder eine andere gleichwertige, abgeschlossene Schulbildung oder der Hauptschulabschluss oder eine gleichwertige Schulbildung zusammen mit einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung mit einer vorgesehenen Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren Das Gehalt eines OTA liegt zwischen dem einer Krankenschwester/Krankenpfleger und Fachpflege-OP. Das monatliche Durchschnittsgehalt variiert zwischen 4320 Euro in Hamburg und 3140 Euro in Mecklenburg-Vorpommern.4 Bereits in 2008 haben Hoffmann et al.5 sich mit der Rolle der medizinischen Assistenzberufe beschäftigt. Der mit „Delegation ärztlicher Leistung: ein trojanisches Pferd?“ überschriebene Artikel setzt sich kritisch auseinander mit der zwar möglichen Delegation dieser Leistungen, die ärztliche Schlussverantwortung und die damit verbundene deliktische Haftung bleibt davon jedoch unberührt. Der in weiten Bereichen fühlbare und dokumentierte Mangel an Ärzten kann und wird durch OTA und PA nicht behoben werden. Der Einsatz gut ausgebildeter Fachkräfte in diesem Bereich kann jedoch zu einer fühlbaren Entlastung und einer damit verbundenen Konzentration auf die ärztliche Kernkompetenz führen. Dieser Konzentration auf ärztliche Kernaufgaben steht gleichzeitig die Sorge vor negativen Auswirkungen auf die Weiterbildung und einer generellen Reduktion der ärztlichen Stellen gegenüber. Letztendlich fehlt jedoch auch ein gesetzlicher Rahmen für den Einsatz dieser Fachkräfte in der klinischen Medizin in Krankenhäusern und Praxen. Der Entschluss des Gesetzgebers, die Ausbildung einer staatlichen Genehmigung zuzuführen, ist sicherlich in diesem Sinne ein richtiger Weg. Zudem gilt es jedoch auch, das Grundübel zu beseitigen, das in unnötiger und nicht mehr nachvollziehbarer bürokratischer Belastung der ärztlichen Mitarbeiter besteht. Die ausbleibende Förderung der notwendigen Digitalisierung im Gesundheitswesen, die zwar von der Regierungsseite angekündigt, aber nicht vollzogen wurde, trägt zu dieser Entwicklung entscheidend bei. ➤ Autor: Prof. Dr. Dietmar Pennig ➤ Donnerstag 24.10. / 16:00–17:00 UhrLondon 2
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