Eine Depression kommt selten allein

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Haben Menschen mit Depressionen ein höheres Risiko für weitere Erkrankungen? Das haben Forschende der Universitätsmedizin Greifswald zusammen mit weiteren europäischen Kooperationspartnern in einer Studie untersucht. Dafür haben sie mehr als 1,2 Millionen Datensätze aus Krankenakten verschiedener Länder analysiert.

„Die Besonderheit dieser Studie liegt vor allem darin, dass wir die Depression nicht getrennt von anderen Krankheiten betrachteten, sondern die individuellen Krankheitsverläufe der einzelnen Personen analysierten“, betont die Greifswalder Projektleiterin Dr. Sandra Van der Auwera-Palitschka. Im klinischen Bild zeige sich oftmals, dass Erkrankungen zusammen auftreten. Ebenso spiele es eine Rolle, ob die Betroffenen bereits in jungen Jahren an Depressionen leiden oder erst später. Das könne auch schon biologisch zu unterschiedlichen Arten von Depressionen führen. „Wir haben außerdem bei den Patienten, die frühzeitig an Depressionen erkranken, einen wesentlichen Einfluss von Genen festgestellt, die mit dem Immunsystem zusammenhängen“, erklärt die Wissenschaftlerin weiter. In der Untersuchung ließ sich zum Beispiel ein Zusammenhang zwischen Asthma sowie Allergien und früh einsetzenden Depressionen erkennen.

In dem dreijährigen EU-geförderten Projekt wertete die Forschungsgruppe aus Wissenschaftlern aus Deutschland, Finnland, Spanien und Ungarn Daten von mehr als 1,2 Millionen Personen aus. „Dabei bezogen wir Krankenkassendaten, aber auch detaillierte Ergebnisse aus der SHIP-Studie mit ein“, erklärt die Biomathematikerin Van der Auwera-Palitschka.

86 komorbide Erkrankungen identifizierten die Forschenden. So können im Zusammenhang mit Depressionen zum Beispiel Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Rückenbeschwerden oder Migräne gehäuft auftreten. Bei einigen Patientengruppen traten vor allem altersbedingte Krankheiten als komorbide Erkrankung auf. Sie litten erst spät an Depressionen, die zumeist nichtgenetische Ursachen hatten. Dies sei auch ein neuer Ansatz für zukünftige Forschungsfelder: „Die Unterscheidung von genetischen und nichtgenetischen Risikofaktoren und die unterschiedlichen Krankheitsverläufe können eine erste Basis für Subtypisierungen von Depressionen darstellen“, betont Van der Auwera-Palitschka.

Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Unimedizin Greifswald ergänzt, wie wichtig solch eine personalisierte Medizin geworden sei: „So individuell die Gesundheit eines jeden Menschen ist, so individuell muss er auch behandelt werden – unter Rücksichtnahme aller Erkrankungen und Umweltfaktoren“. Die Studienergebnisse seien zudem für die Entwicklung von stärker zielgerichteten Medikamenten relevant.