Eine zweite Chance für einen neuen antibiotischen Wirkstoff21. Mai 2024 Immer mehr Bakterien entwickeln Resistenzen gegen Antibiotika. Daher suchen Forschende nach alternativen Wirkstoffen. Foto: © RUB/Marquard Immer mehr Bakterien sind gegen viele bekannte Antibiotika resistent. Bochumer Forschende haben für einen möglichen Wirkstoff, dessen Vorgänger jedoch verworfen wurde, eine neue Chance entdeckt. Durch sehr genaue dreidimensionale Untersuchungen seiner Interaktion mit dem bakteriellen Zielprotein konnten sie einen bislang unbekannten Angriffspunkt ausmachen, der dazu einlädt, den Wirkstoff daran anzupassen. „Da dieser Angriffspunkt nur in Bakterienproteinen vorkommt, würde das den Wirkstoff sehr viel selektiver machen und seine Schädlichkeit für menschliche Zellen senken“, erklärt Prof. Raphael Stoll, Leiter der Arbeitsgruppe Biomolekulare NMR-Spektroskopie an der Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität Bochum. Die Forschenden haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Journal of Medicinal Chemistry veröffentlicht. Große Anstrengungen vor 20 Jahren Im Mittelpunkt der Studie stand das Protein Peptid-Deformylase, kurz PDF. Es ist an Proteinreifungsprozessen in Zellen beteiligt und somit für Bakterien überlebenswichtig. Allerdings kommt es sowohl in Bakterien als auch in menschlichen Zellen vor. „Vor etwa 20 Jahren hat man große Anstrengungen unternommen, mit antibiotischen Wirkstoffen gegen das PDF vorzugehen“, berichtet Stoll. „Man hat den ursprünglichen Wirkstoffkandidaten namens Actinonin aber dann aus mehreren Gründen verwerfen müssen. Problematisch war unter anderem auch das zu der Zeit neu entdeckte, menschliche PDF, dessen Vorhandensein potenziell mit Nebenwirkungen verbunden ist. Abgewandelte Wirkstoffe wurden jedoch weiter erforscht“, ergänzt Hendrik Kirschner. Er schaute sich im Rahmen seiner Doktorarbeit das PDF in der aktuellen Studie ganz genau an und analysierte es aus strukturbiologischer Sicht mittels biomolekularer Kernspinresonanz (NMR)-Spektroskopie und Röntgenkristallografie. Dadurch konnte er eine bis ins kleinste Detail aufgelöste 3-D-Struktur erzeugen. „Das ist das Ergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit mit unserem Kollegen Prof. Eckhard Hofmann“, sagt Stoll. Den Wirkstoff anpassen und selektiver machen „Wir können mit diesen Techniken Oberflächen sowie Bindungstaschen der Biomoleküle sichtbar machen und zeigen, dass die Bindung des Moleküls an dieses Protein nicht statisch, sondern dynamisch ist“, erklärt Kirschner. Den Forschenden fiel auf, dass es für ein abgewandeltes Wirkstoffmolekül zwei verschiedene Bindungsorientierungen im Protein gibt: Neben der Orientierung, die auch beim menschlichen PDF vorhanden ist, noch eine zweite, die im Prinzip ausschließlich bei bakteriellem PDF vorkommen sollte. „Das lädt dazu ein, das Wirkstoffmolekül so anzupassen, damit es diese zweite Bindungsorientierung bevorzugt“, so Raphael Stoll. Somit könne man den antibiotischen Wirkstoff selektiver gestalten. „Das könnte eine zweite Chance für diesen Wirkstoffkandidaten bedeuten“, erläutert Kirschner.Förderung: Diese Studie mit dem Namen „NanoComBac“, an der auch Prof. Dr. Jürgen Scherkenbeck von der Bergischen Universität Wuppertal beteiligt war, wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
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