Eisenmangel im mittleren Alter ist mit einem höheren Risiko für Herzkrankheiten verbunden

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Gibt es einen Zusammenhang zwischen einem Eisenmangel und dem Auftreten von Herzkrankheiten in der Allgemeinbevölkerung? Eine aktuelle Studie im Fachjournal „ESC Heart Failure“ legt diese Verbindung nahe. Neben dem absoluten Eisenmangel scheint dabei der funktionelle Eisenmangel besonders relevant zu sein.

Etwa zehn Prozent der neu auftretenden Fälle von Koronarer Herzkrankheit (KHK), die innerhalb eines Jahrzehnts im mittleren Lebensalter auftreten, könnten demnach durch die Vorbeugung von Eisenmangel vermieden werden. „Bei dieser Studie handelt es sich um eine Beobachtungsstudie. Wir können daher nicht abschließend beurteilen, ob ein Eisenmangel Herzkrankheiten verursacht“, schränkt Erstautor Dr. Benedikt Schrage vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg die Aussage der Studie ein. Es würden sich allerdings die Hinweise darauf mehren, dass es einen Zusammenhang gibt. Die vorliegenden Ergebnisse bilden Schrage zufolge die Grundlage für weitere Untersuchungen, um die neu gewonnenen Erkenntnisse zu bestätigen.

Bereits bekannt: Eisenmangel mit schlechteren Ergebnissen bei Herzkranken verbunden

Frühere Studien haben gezeigt, dass Eisenmangel bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinsuffizienz mit schlechteren Ergebnissen, einschließlich Krankenhausaufenthalten und Tod, verbunden war. Eine Behandlung mit intravenösem Eisen verbesserte in der Studie FAIR-HF aus dem Jahre 2009 die Symptome, die Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität von Patienten mit Herzinsuffizienz und Eisenmangel. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse untersucht die Studie FAIR-HF-2 vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK) derzeit die Auswirkungen einer intravenösen Eisensupplementierung auf das Sterberisiko bei Patienten mit Herzinsuffizienz.

In der aktuellen Studie sollte untersucht werden, ob der Zusammenhang zwischen Eisenmangel und den Behandlungsergebnissen auch in der Allgemeinbevölkerung zu beobachten ist.

Erfassung von absolutem und funktionellem Eisenmangel

Die Studie umfasste über 12.000 Personen aus drei europäischen bevölkerungsbasierten Kohorten. Das Durchschnittsalter betrug 59 Jahre und 55% der Teilnehmer waren Frauen. Bei der Erstuntersuchung wurden kardiovaskuläre Risikofaktoren und Begleiterkrankungen wie Rauchen, Fettleibigkeit, Diabetes und Cholesterin durch eine gründliche klinische Untersuchung einschließlich Blutproben ermittelt.

Die Forschenden verwendeten zwei Definitionen zur Einteilung der Teilnehmer mit oder ohne Eisenmangel: 1) absoluter Eisenmangel, bei dem nur das gespeicherte Eisen (Ferritin) berücksichtigt wird, und 2) funktioneller Eisenmangel, bei dem Ferritin und das für die Verwendung durch den Körper zirkulierende Eisen (Transferrin) berücksichtigt werden.

Schrage erklärt: „Der absolute Eisenmangel ist die herkömmliche Methode zur Beurteilung des Eisenstatus, aber dabei wird das zirkulierende Eisen nicht berücksichtigt. Die funktionelle Definition ist genauer, da sie beide Messgrößen einbezieht und diejenigen erfasst, die zwar über ausreichende Vorräte verfügen, aber nicht genug Eisen im Blutkreislauf haben, damit der Körper richtig arbeiten kann.“

Die internationale Forschungsgruppe beobachtete die Teilnehmer hinsichtlich des Auftretens von KHK und Schlaganfall, Tod aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gesamtmortalität. Sie analysierte den Zusammenhang zwischen Eisenmangel und dem Auftreten von KHK, Schlaganfall, kardiovaskulärer Sterblichkeit und Gesamtsterblichkeit nach Bereinigung um Alter, Geschlecht, Rauchen, Cholesterin, Blutdruck, Diabetes, Body-Mass-Index (BMI) und Entzündungen. Von der Analyse der Vorerkrankungen ausgeschlossen wurden Teilnehmer, bei denen zu Studienbeginn eine KHK oder ein Schlaganfall vorlag.

Zu Beginn der Studie hatten 60% der Teilnehmer einen absoluten Eisenmangel und 64% einen funktionellen Eisenmangel. Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 13,3 Jahren gab es 2212 (18,2%) Todesfälle. Davon starben insgesamt 573 Personen (4,7%) an einer kardiovaskulären Ursache. Eine KHK und ein Schlaganfall wurden bei 1033 (8,5%) bzw. 766 (6,3%) Teilnehmern diagnostiziert.

Funktioneller Eisenmangel scheint schwerwiegender als absoluter Eisenmangel

Ein funktioneller Eisenmangel war mit einem um 24% höheren Risiko für eine KHK, einem um 26% erhöhten Risiko für eine kardiovaskuläre Mortalität und einem um 12% erhöhten Risiko für eine Gesamtmortalität im Vergleich zu Personen ohne funktionellen Eisenmangel verbunden. Absoluter Eisenmangel war im Vergleich zu keinem absoluten Eisenmangel mit einem um 20% erhöhten Risiko für eine KHK verbunden, stand aber nicht mit der Sterblichkeit in Zusammenhang. Es gab keinen Zusammenhang zwischen dem Eisenstatus und dem Auftreten von Schlaganfällen.

Die Forschenden berechneten den Anteil der Bevölkerung (population attributable fraction), der schätzt, wieviele Ereignisse in zehn Jahren hätten vermieden werden können, wenn alle Personen zu Beginn der Studie das gleiche Risiko gehabt hätten wie die Personen ohne Eisenmangel. Die Modelle wurden für Alter, Geschlecht, Rauchen, Cholesterin, Blutdruck, Diabetes, BMI und Entzündungen angepasst. Innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren waren dieser Berechnung zufolge 5,4% aller Todesfälle, 11,7% der kardiovaskulären Todesfälle und 10,7% der KHK-Neudiagnosen auf funktionellen Eisenmangel zurückzuführen.

„Diese Analyse deutet darauf hin, dass etwa 5% der Todesfälle, 12% der kardiovaskulären Todesfälle und 11% der KHK-Neudiagnosen in den folgenden zehn Jahren nicht aufgetreten wären, wenn es zu Beginn der Studie keinen Eisenmangel gegeben hätte“, so Schrage.

„Die Studie zeigte, dass Eisenmangel in dieser Bevölkerungsgruppe mittleren Alters weit verbreitet war, wobei fast zwei Drittel einen funktionellen Eisenmangel aufwiesen“, erläutert Schrage. „Diese Personen hatten ein höheres Risiko, eine Herzerkrankung zu entwickeln und in den nächsten 13 Jahren zu sterben“.

Schrage weist darauf hin, dass künftige Studien diese Zusammenhänge in jüngeren und nichteuropäischen Kohorten untersuchen sollten: „Wenn sich die Zusammenhänge bestätigen, wäre der nächste Schritt eine randomisierte Studie, die die Wirkung einer Behandlung von Eisenmangel in der Allgemeinbevölkerung untersucht.“

(ah)