Eisenmangel: Pflanzliches Eisen-Präparat als wirksames Ergänzungsmittel?

Eisenmangel kann zu Blutarmut, Erschöpfung und einem geschwächten Immunsystem führen. Symbolbild: BooDogz/stock.adobe.com

Ein aus Haferprotein-Nanofasern und Eisen-Nanopartikeln entwickeltes Eisenergänzungsmittel zeigt in einer ersten klinischen Studie bei Menschen eine hohe Wirksamkeit. Der Körper scheint das auf diese Weise dargereichte Eisen fast doppelt so gut zu absorbieren wie das aus herkömmlichen Präparaten.

Eisenmangel ist weltweit verbreitet. Besonders betroffen sind Frauen: In Europa leidet eine von fünf Frauen an Eisenmangel. Die Folgen davon sind Blutarmut, andauernde Müdigkeit, chronische Kopfschmerzen oder ein geschwächtes Immunsystem.

Forschende um Prof. Raffaele Mezzenga von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich (Schweiz) haben nun ein neues Nahrungsergänzungsmittel entwickelt, das Eisenmangel und Blutarmut effizient behandeln könnte. Das Präparat besteht aus essbaren Haferprotein-Nanofasern, die mit Eisen-Nanopartikeln bestückt sind. Die entsprechende Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Food“ veröffentlicht.

Eisen fast doppelt so gut absorbiert

Um den neuen Nahrungsmittelzusatz herzustellen, griffen die ETH-Forschenden auf ein Verfahren zurück, das sie im Jahr 2017 entwickelt hatten. So denaturierten sie zunächst natürliche Haferproteine in einer Säure, um die Proteinknäuel in Filamente zu verwandeln. Diese lagerten sich dann spontan und selbstorganisiert zu Protein-Nanofibrillen zusammen. Danach stellten die Forschenden aus einem Eisensalz die Eisen-Nanopartikel her, die sich an den Nanofibrillen anlagerten und durch diese stabilisiert wurden.

Das neue Eisenpräparat ist nicht nur ziemlich einfach herzustellen, sondern auch äußerst wirksam: Das darin enthaltene Eisen wird vom Körper fast doppelt so gut absorbiert wie Eisen, das via Eisen-Sulfat verabreicht wird – dem aktuell am meist genutzten Standard unter den Eisenergänzungsmitteln. Das zeigt eine klinische Studie, die Mezzengas Projektpartner in Thailand durchführte. An der Studie nahmen 52 Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren teil. Sie litten aufgrund des Eisenmangels an Blutarmut und erhielten das neue Mittel.

Veganerinnen und Vegetarier könnten profitieren

Das neuartige Präparat hat mehrere Vorteile. Weil es auf pflanzlichen Proteinen basiert, eignet es sich auch für Vegetarier:innen und Veganer:innen. „Das ist wichtig, weil diese Personen aufgrund ihrer Ernährungsweise häufiger an Eisenmangel leiden als Menschen, die Fleisch essen: Der Körper nimmt Eisen aus tierischen Nahrungsmitteln besser auf als Eisen aus pflanzlicher Nahrung“, sagt der ETH-Professor.

Das neue Präparat ist zudem geschmacks- und farbneutral. Eisen-Sulfat hingegen verleiht Nahrungsmitteln einen metallischen Beigeschmack. „Die Sensorik ist sehr wichtig, damit Konsument:innen das Präparat als Nahrungsmittelzusatz überhaupt akzeptieren“, betont Dr. Jiantao Zhou, der Erstautor der Studie und ehemalige Postdoktorand von Mezzenga.

Das Haferprotein-Eisen-Präparat lässt sich in Wasser oder in Fruchtsaft auflösen und trinken. Alternativ kann es als Pulver direkt dem Essen beigemengt werden, beispielsweise in ein Müsli. „Die klinische Studie zeigt aber, dass das Präparat am besten absorbiert wird, wenn es in Wasser gelöst wird“, betont Mezzenga.

Auch andere Mangelerscheinungen im Fokus

Der Eisenbedarf ist vor allem für Frauen im gebärfähigen Alter ziemlich hoch und liegt bei 18 Milligramm pro Tag. Bei Männern ist der Tagesbedarf geringer und beträgt 11 Milligramm. Trotzdem leiden auch rund 15 Prozent der Männer an Eisenmangel. Um dagegen anzukommen, greifen Betroffene häufig auf Nahrungsergänzungsmittel zurück. Der Körper kann das Eisen aus diesen Produkten jedoch oft nur ungenügend aufnehmen. Daher schaffen bei gravierendem Eisenmangel auf die Schnelle nur Eiseninfusionen Abhilfe.

Das Patent für das Verfahren zur Herstellung des Eisenpräparats wurde jetzt in Europa und den USA genehmigt. Mezzenga und seine Kollegen hoffen nun, dass die mit Eisen angereicherten Haferproteinfasern bald vielfältig eingesetzt werden können. „Als Nahrungsergänzungsmittel sind die Hürden für eine Markteinführung weniger hoch als für ein pharmakologisches Produkt“, erklärt der ETH-Professor. Er möchte die Technologie jetzt weiterentwickeln, um auch andere Mangelerscheinungen zu bekämpfen, wie Zink- oder Selenmangel.