Embolischer Schlaganfall unbestimmten Ursprungs: Forschungskonzept und Behandlung auf dem Prüfstand

Foto: ©sewcream – stock.adobe.com

Schlaganfall ist nicht gleich Schlaganfall. Bei etwa 20 Prozent aller Schlaganfälle ist die genaue Ursache unklar. Was zunächst als kryptogene Schlaganfälle kategorisiert wurde, ist seit 2014 als embolischer Schlaganfall unbestimmten Ursprungs (ESUS) definiert. Internationale Neurologen plädieren nun für ein Update des ESUS-Konzeptes.

Dieses basiert auf der Beobachtung, dass die meisten kryptogenen Schlaganfälle einen embolischen Ursprung haben. Die möglichen Quellen dieser Embolien sind vielfältig. Bei manchen Patientinnen und Patienten bestehen zwei oder mehr potenzielle Schlaganfallursachen gleichzeitig, bei anderen findet sich trotz intensiver Diagnostik keine klare Ursache.

„Die Fortschritte in der Schlaganfallforschung machen es inzwischen möglich, die große Gruppe der ESUS-Patientinnen und -Patienten differenzierter zu betrachten“, erläutert Prof. Hans Christoph Diener, emeritierter Professor für Neurologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen. Eine Anpassung des aktuellen ESUS-Konzeptes schlägt er gemeinsam mit US-amerikanischen und griechischen Kollegen im renommierten Journal „Nature Reviews Neurology“ vor.

Die Autoren plädieren beispielsweise dafür, dass Patientinnen und Patienten mit einem persistierenden Foramen ovale oder anderen klinischen und/oder anatomischen Hochrisikomerkmalen, die dazu jünger als 60 Jahre sind, nicht mehr als ESUS-Fälle betrachtet werden sollten. Das internationale Neurologen-Team schlägt außerdem vor, bei einigen Patientinnen und Patienten mit ESUS eine EKG-Überwachung durchzuführen, um ein bisher unerkanntes paroxysmales Vorhofflimmern auszuschließen.

Derzeit laufende Studien sollen dabei helfen zu klären, ob Patientinnen und Patienten mit Vorhofkardiopathien, im Alter von über 75 Jahren und/oder mit Nierenfunktionsstörungen und ESUS, von einer oralen Antikoagulation profitieren. Die Experten vermuten nämlich, dass Untergruppen der ESUS-Patientenkohorte von einer oralen Antikoagulationstherapie mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOACs) wie Dabigatran, Apixaban oder Rivaroxaban anstelle von Aspirin profitieren könnten, um erneute ischämischen Schlaganfälle zu vermeiden. Die Ergebnisse für diese Untergruppen müssen jedoch vor ihrer klinischen Anwendung noch bestätigt werden.

„Die Ergebnisse dieser noch laufenden Studien könnte das Konzept des ESUS verändern, indem neue Untergruppen klar definiert werden können, für die die Behandlungskonzepte angepasst werden“, erklärt Diener. „Solche Untergruppen könnten zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit atrialer Kardiopathie, suprakardialer Atherosklerose oder atrialen Hochfrequenz-Episoden sein.“