Emotionen erkennen: Einfluss des Gehörs – und des Hörgeräts

Foto: Svyatoslav Lypynskyy/stock.adobe.com

Schlecht zu hören kann auch dazu führen, dass Menschen Emotionen in der Stimme schlechter erkennen. Welchen Einfluss das Hörgerät selbst hat – lineare oder nichtlineare Amplifikation – haben schwedische Forscher untersucht.

Wütend, gelassen, ängstlich – die Stimmung drückt sich auch über die Stimme aus. Die Fähigkeit Emotionen zu erkennen, beeinflusst soziale Interaktionen – und kann sich letztendlich auf das Wohlbefinden auswirken. Bestimmte Menschen mit Hörverlust haben Schwierigkeiten Emotionen in der Stimme zu erkennen, was bereits durch Forschungsarbeiten belegt ist. Auch bekannt ist, dass Hörgeräte die Worterkennung verbessern, nicht aber die Erkennung von Emotionen.

Eine aktuell bei „PLoS One“ veröffentlichte Arbeit hatte die Erkennung von Emotionen bei Menschen mit leichtem bis mittelschwerem Hörverlust im Fokus. Das Team um Erstautor Mattias Ekberg von der Linköping University, Linköping (Schweden) ging dabei der Frage nach, wie es sich die Art der Amplifikation, die das Hörgerät nutzt – linear oder nichtlinear – auf die Wahrnehmung von Emotionen auswirkt.

Verbal und nonverbal ausgedrückte Emotionen in der Stimme erkennen

Untersucht wurde, inwieweit die Studienteilnehmer verbal und nonverbal ausgedrückte Emotionen in der Stimme erkennen. An der Studie nahmen Menschen im mittleren bis höheren Alter teil, die Hörgeräten mit und ohne lineare Verstärkung nutzten oder normal hörten. Insgesamt 21 erfahrene Hörgeräteträge mit beidseitigem leichtem bis mittelschweren Hörverlust führten eine Aufgabe durch, die darauf abzielte Emotionen in der Stimme anhand von Sätzen und nonverbalen Lautäußerungen zu erkennen. Als Kontrolle dienten 20 Personen mit normalem Gehör, welche die gleiche Aufgabe hatten.

Die Gruppe mit Hörverlust erkannte Emotionen insgesamt schlechter ‒ sowohl bei Sätzen als auch bei nonverbalen Lautäußerungen. Die lineare Amplifikation verbesserte jedoch die Erkennung von Glück (p < 0,001), das sich durch Frequenzparameter auszeichnet, für Sätze signifikant. Bei nonverbalen Lautäußerungen wurde die Erkennung von Angst (p = 0,004) und Wut (p = 0,004) durch lineare Amplifikation verbessert.

Lineare Amplifikation verbessert korrekte Wahrnehmung von Emotionen

Nicht immer wurden Emotionen korrekt zugeordnet: Am häufigsten verwechselten die Studienteilnehmer beider Gruppen die Emotionen Glück und Überraschung in Sätzen. Die Verwechslungsmuster waren bei beiden Gruppen ähnlich. Das deutet nach Ansicht der Autoren darauf hin, dass beide Gruppen die Emotionen ähnlich wahrnahmen, aber dass der Grad der Wahrnehmungsgenauigkeit bei der Gruppe mit Hörverlust geringer war.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hörverlust die Erkennung von Emotionen in der Stimme negativ beeinflusst, aber eine lineare Amplifikation die Erkennung einiger Emotionen verbessern kann. Vollständig wiederherstellen kann sie aber diese Fähigkeit nicht, wie die Autoren konstatieren. Sie heben auch die Bedeutung der Fähigkeit Emotionen wahrzunehmen für die Kommunikation hervor und schlagen vor, Betroffene darauf hinzuweisen, dass sich durch den Hörverlust Schwierigkeiten haben könnten, Emotionen im Gespräch an der Stimme ihres Gegenübers zu erkennen. (ja/BIERMANN)