Entzündlich-rheumatische Erkrankungen: Rolle des Alters

Abb. 1: Silikonspacer MCP II–V, Arthrodese Daumengrund- und -endgelenk, destruierende Handgelenkarthritis. Foto: Gaulke

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick zu Operationen an der Hand in Abhängigkeit von Beruf und Sport bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.

Die Hände und Füße sind bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und hier insbesondere bei der Rheumatoiden Arthritis (RA) und der Arthritis psoriatica häufig sehr früh betroffen. Aus diesem Grunde werden Hände und Füße auch als Visitenkarten des Rheumatikers bezeichnet. Grundsätzlich gilt, dass der Fuß, der das Körpergewicht trägt, der Stabilität bedarf, während an der Hand aufgrund ihrer zahlreichen Funktionen eher die Beweglichkeit von Nutzen ist.

Diese pauschalen Aussagen müssen aber im Rahmen der individualisierten Therapie an die Lebensumstände der Patienten angepasst werden, um deren Lebensqualität zu verbessern und zu erhalten. An der Hand bedeutet dies, dass bei schwer arbeitenden Patienten die Stabilität nützlicher sein kann als bei feinmotorisch Tätigen, die eher von einer guten Beweglichkeit profitieren (Tab. 1).

Operation

Schwere körperliche Tätigkeit
(z.B. Maurer)
Feinmotorische Tätigkeit
(z. B. Uhrmacher)
Frühsynovialektomie, Gelenk stabil +++ +++
Frühsynovialektomie, Gelenk instabil +
Spätsynovialektomie, Gelenk stabil (+) ++
Spätsynovialektomie, Gelenk instabil 0
Dorsaltransposition ECU-Sehne 0 +++
Radiokarpale Arthrodese ++ +
Radiomediokarpale Arthrodese +++
Handgelenkprothese +
Suspensionsarthroplastik CM I + +++
Arthrodese Daumengrundgelenk +++ +
Silikon-Spacer Fingergrundgelenk +
Arthrodese Fingermittelgelenk ++ +
Prothese Fingermittelgelenk +
Silikonspacer Fingermittelgelenk +
Arthrodese Fingerendgelenk +++ ++
Tab. 1: Welche Operation ist für welchen Beruf geeignet.

Für Sportarten gilt gleiches: So ist ein steifes Handgelenk beim Tennis weniger hinderlich als bei Badminton und Tischtennis, wo die ­Schläge aus dem Handgelenk erfolgen. Laufsportler sind durch Deformitäten und Eingriffe an der Hand weniger beeinträchtigt als Sportler, welche ihre Hände einsetzen (Tab. 2).

SportartBeeinträchtigung
Badminton +++++
Tischtennis ++++
Tennis ++
Handball ++++
Volleyball ++++
Basketball ++++
Rugby ++++
Fußball (Feldspieler) 0
Fußball (Torwart) +++
Laufen 0
Springen 0
Stabhochsprung ++++
Turnen +++++
Tab. 2: Beeinträchtigung der Sportausübung durch eine Handgelenkarthrodese.

Generell wirken eine sportliche Betätigung oder körperliche Arbeit für mindestens 2,5 Stunden pro Woche entzündungshemmend und verringern mittelfristig den Medikamentenbedarf. Die frühere Diktion, dass sportliche Belastung, gleich welcher Art, arthritische Gelenke zusätzlich schädige und daher vermieden werden sollte, lässt sich heute nicht mehr aufrecht erhalten. Dennoch werden die Gelenke an der Grenze der Leistungsfähigkeit, ob gesund, arthrotisch oder arthritisch, unzweifelhaft geschädigt. Es werden daher sportliche Intensitäten an der Grenze der aeroben Verbrennung empfohlen. Beim Laufen soll eine Unterhaltung beispielsweise noch möglich sein.

Am Handgelenk besteht die Besonderheit, dass die Handwurzelknochen nur durch Kapsel und Bänder in Position gehalten werden. Es gibt keine Muskelansätze an den Karpalia, weshalb die Handwurzel im englischen als „intercalated segment“ (dt.: zwischengeschaltetes Segment) bezeichnet wird. Da bei der Arthritis der synovialitische Pannus nicht nur in den Knochen einwandert, sondern auch Kapsel und Bänder durchsetzt, kommt es relativ früh zu Fehlstellungen der Karpalia, welche stark schmerzhaft sind und zum Kollaps der Handwurzel führen können. In der Frühphase kann durch eine Synovialektomie mit einer Dorsaltransposition der nach palmar dislozierten Extensor-carpi-ulnaris-Sehne (ECU) die Stabilität wiederhergestellt werden. Die postoperative Bewegungseinschränkung resultiert im Wesentlichen aus intra- und periartikulären Narben, welche physiotherapeutisch wieder aufgedehnt werden können. Dieser Eingriff eignet sich daher für Patienten, die ihre Hand nicht übermäßig belasten und auf deren Beweglichkeit angewiesen sind. Da die Stabilisierung weichteilig erfolgt, ist die Rezidivgefahr durch eine Überdehnung der Kapsel und der Bänder groß.

Bei den radiokarpalen Arthrodesen bleibt eine Restbeweglichkeit erhalten, die Stabilität ist aber deutlich höher, wodurch das Handgelenk belast­barer wird. Wird auch die mediokarpale Gelenkreihe in die Arthrodese mit einbezogen, so wird eine sehr hohe Stabilität erzielt, eine Bewegung ist dann aber nicht mehr möglich. Die optimale Stellung der Handgelenkarthrodese variiert in Abhängigkeit von Beruf und Sportart. Da Rheumatiker im Laufe ihres Lebens, bei seiten­symmetrischem Befall der System­erkrankung, häufig beidseitige Handgelenkarthrodesen benötigen, sollte berücksichtigt werden, dass eine beidseits fixierte Handgelenk­extension die Analhygiene verhindert. Aus diesem Grunde müssen auch die Tätigkeiten des täglichen Lebens in die Therapie­entscheidung mit einbezogen werden. Eine Entscheidungshilfe kann dem Patienten dadurch gegeben werden, dass das zu operierende Hand­gelenk päoperativ in verschiedenen Stellungen im Gips ruhiggestellt wird und der Patienten so erproben kann, welche Stellung für ihn optimal ist. Auch wenn bei beidseitiger Versteifung meistens die Streckung von 0° optimal ist, kann es im Einzelfall besser sein, beide Hand­gelenke in unterschiedlicher Stellung zu versteifen. Da dies aber kosmetisch ungünstiger ist, sollte dies nur bedarfsadaptiert auf Wunsch des Patien­ten erfolgen.

Am Daumensattelgelenk ist die Beweglichkeit für die Opposition des Daumens gegen die Finger essenziell, weshalb der Suspensions(inter­positions)arthroplastik der Vorzug vor der Arthrodese gegeben werden sollte. Aufgrund der guten Ergebnisse und geringerer Revisionsraten der Suspensionsarthroplastik haben sich die Daumensattelgelenkprothesen in Deutschland bisher nicht als Goldstandard durchsetzen können.

Das Daumengrundgelenk ist in seiner natürlichen Beweglichkeit sehr variabel, ohne dass die Patienten hierdurch eine Behinderung bemerken. Um einen stabilen Daumen für den Gegengriff zu erhalten, hat sich bei beginnender Instabilität die Tenodese und bei fortgeschrittener Instabilität die Arthrodese bewährt (Abb. 1). Bei schwer arbeitenden Patienten sollte die Arthrodese früher indiziert werden, da die Tenodese einer Rezidiv­gefahr unter hoher Belastung unterliegt.

Die Versorgung der Langfingergrundgelenke stellt nach wie vor ein ungelöstes Problem dar. Zum Faustschluss wird eine Beugefähigkeit von 70 bis 90° benötigt. Die Streckung sollte möglichst bis auf 0° möglich sein, um die Hand beim Greifen größerer Gegenstände ausreichend öffnen zu können. Alle Fingergrundgelenkprothesen, welche dies ermöglichen, sind aufgrund unzureichender Stabilität, schlechter Osteointegration oder periprothetischer Frakturen mittelfristig ungeeignet. Somit ist der Silikon-Spacer nach Swanson auch nach mehr als 50 Jahren noch immer das Implantat der Wahl (Abb. 1). Das Material ist jedoch wenig haltbar, sodass hiermit nur leichte Tätigkeiten erlaubt sind. Doch selbst darunter brechen die Spacer in der Regel nach wenigen Jahren. Darüber hinaus steifen die Gelenke durch periimplantäre Narben innerhalb weniger Jahre ein. Dies bedeutet, dass die Fingergrundgelenkdestruk­tion auch heute noch limitierend für die Ausübung körperlicher Tätigkeiten und vieler Sportarten, die den Einsatz der Finger benötigen, ist.

Die operative Versorgung destruierter Fingermittelgelenke, welche gleichfalls ein großes Bewegungsausmaß benötigen, führt ebenfalls aus den oben genannten Gründen zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Arthro­dese in leichter Beugestellung stellt auch heute noch den Goldstandard dar. Prothesen führen, wenn sie denn einwachsen, ebenso wie Silikonspacer durch die Vernarbung zu einer sukzessiven Einsteifung, wodurch der Vorteil gegenüber der Arthrodese nur sehr gering und häufig unbefriedigend ist. Der Nachteil besteht in notwendigen Revisionen bei Instabilität und schmerzhafter Prothesenlockerung.

An den Fingerendgelenken ist die Versteifung die Therapie der Wahl bei schmerzhafter Instabilität (Abb. 1). Eine Fehlstellung ohne Schmerzen rechtfertigt noch keine Operation, eine hochgradige Instabilität hingegen schon.

Zusammenfassend sollte die Indikation von Operationen an der Hand von den Ansprüchen des Patienten geleitet werden und bleibt somit eine individuelle Entscheidung. Auch das Patientenalter spielt hierbei eine große Rolle. Je älter ein Patient ist, umso sicherer sollte das zu erwartende Ergebnis sein, da das Operationsrisiko mit dem Alter steigt und Revisionen daher risikoträchtiger sind als beim jungen Patienten.

Autor:
Prof. Dr. med. Ralph Gaulke
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover

DKOU:
Freitag 28.10.
09:00–10:30 Uhr
New York 1