Erblich bedingte Lungenerkrankungen und Sehverlust: Forschung an Gentherapien

Nach subretinaler Injektion: Links die Injektionsstelle in der Netzhaut, der grüne Kasten zeigt die Ebene der rechten Abbildung an. Rechts: Immunfluoreszenzbild des Netzhautabschnittes mit transfizierten Zellen (grün) und allen Zellkernen (violett). (Abbildung: © Oregon State University)

Forschende, die mit Lipid-Nanopartikeln arbeiten, haben neuartige Transporter entwickelt, die Lunge und Augen erreichen können – ein wichtiger Schritt in Richtung Gentherapie für Erbkrankheiten wie Mukoviszidose und angeborenen Sehverlust.

Die Ergebnisse der von Prof. Gaurav Sahay und Yulia Eygeris vom Oregon State University College of Pharmacy und Renee Ryals von der Oregon Health & Science University (beide USA) geleiteten Studie wurden gerade in den „Proceedings der National Academy of Sciences” veröffentlicht.

Im Gegensatz zu anderen Arten von Lipid-Nanopartikeln, die sich tendenziell in der Leber ansammeln, können die in dieser Studie beschriebenen, die auf der Verbindung Thiophen basieren, das Lungengewebe und die Netzhaut erreichen, wo sie ihre therapeutische Fracht abladen. Die Forscher bezeichnen diese neuen Lipide als Thio-Lipide.

Anhand von Tiermodellen konnten die Wissenschaftler die Möglichkeit darstellen, Thio-Lipide in Lipid-Nanopartikeln zur Bereitstellung von Messenger-RNA (mRNA) und CRISPR-Cas9-Geneditoren in der Bekämpfung von genetisch bedingter Blindheit und Lungenerkrankungen einzusetzen. „Die chemischen Strukturen der Lipide bestimmen, wie wirksam die Lipid-Nanopartikel sind und welches Organ sie aus dem Blutkreislauf erreichen können“, erläutert Eygeris.

Bei COVID-19-Impfstoffen weist die von den Lipid-Nanopartikeln transportierte mRNA die Zellen an, ein harmloses Stück des Spike-Proteins des Virus herzustellen, das eine Immunantwort des Körpers auslöst. Als Therapie bei Sehverlust aufgrund einer angeborenen Netzhautdegeneration würde die mRNA Zellen in der Netzhaut veranlassen, die für das Sehvermögen erforderlichen Proteine herzustellen. Ein Beispiel für eine genetisch bedingte Lungenerkrankung ist die Mukoviszidose, bei der ein fehlerhaftes Gen – der Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) – der Erkrankung zugrunde liegt.

Die Erforschung Thiophen-basierter Lipid-Nanopartikel an Mäusen und Primaten durch Sahay und Ryals wird vom National Eye Institute (USA) mit 3,2 Millionen US-Dollar gefördert. Zweck dieser Förderung ist es, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die mit dem derzeit primären Übertragungsweg für die Genbearbeitung verbunden sind: Adeno-assoziierte Viren (AAV). „AAV besitzen im Vergleich zu Lipid-Nanopartikeln eine begrenzte Verkapselungskapazität und können eine Reaktion des Immunsystems auslösen“, erläutert der Pharmakologe Sahay. „Außerdem funktionieren sie nicht besonders gut, wenn es darum geht, weiterhin diejenigen Enzyme zu exprimieren, die das Bearbeitungswerkzeug als molekulare Schere verwendet, um Schnitte in der zu bearbeitenden DNA vorzunehmen.“

Sahay bezeichnet die Ergebnisse zu den Thio-Lipiden als „äußerst ermutigend“, räumt jedoch ein, dass weitere Studien erforderlich seien, darunter auch Untersuchungen zu den langfristigen Auswirkungen der Lipide auf die Gesundheit der Netzhaut. „Wir glauben aber, dass unsere Ergebnisse als Machbarkeitsnachweis dienen, und wir werden Thio-Lipide weiterhin für mögliche Behandlungen genetischer Lungen- und Netzhauterkrankungen erforschen.“