Erdnüsse: Erfassung der allergischen Reaktionen in Echtzeit2. August 2022 Foto: Данияр Айбеков/stock.adobe.com Eine Studie hat damit begonnen, die Echtzeit-Immunreaktion bei Erdnussallergie zu entschlüsseln, und konnte dabei biologische Marker bei Kindern identifizieren, die helfen könnten zu beurteilen, wie und unter welchen Umständen ein Kind allergisch reagiert. Bis zu 30 Prozent der Menschen sind heute von Allergien betroffen, vor allem Kinder und Jugendliche, und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass sich die Steigerung verlangsamt. Auch die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt, was bedeutet, dass die Gesundheitssysteme zunehmend belastet werden und ein dringender Bedarf an neuen therapeutischen und diagnostischen Lösungen besteht. Dr. Annette Kuehn und ihre Kollegen der Abteilung für Infektionen und Immunität (DII) des Luxembourg Institute of Health (LIH) haben versucht, diesen Bedarf zu decken, indem sie Immunreaktionen vor und während des Auftretens allergischer Symptome nach dem Verzehr von Erdnüssen beobachteten. „Lebensmittelallergien sind in den letzten zwei Jahrzehnten sprunghaft angestiegen, und ein Ende dieses Prävalenzzuwachses ist nicht in Sicht. Ursprünglich war dies vor allem eine Kinderkrankheit (ca. 5 % bei Vorschulkindern), aber heute sind auch immer mehr Erwachsene betroffen. Die therapeutischen Möglichkeiten sind begrenzt, sodass in diesem Bereich ein großer Handlungsbedarf besteht”, warnt Kuehn. Eines der größten Probleme bei Lebensmittelallergien ist, dass sie sich sehr individuell äußern. Bei einigen Patienten treten Symptome im Magen-Darm-Trakt auf, bei anderen auf der Haut, bei wieder anderen kommt es zu schwerem akutem Asthma oder Schwellungen im Rachen, wobei der Intensitätsgrad je nach Schwellenwert für das Allergen variiert. Der individuelle Schweregrad einer Nahrungsmittelallergie lässt sich nur schwer vorhersagen. Dies kann die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten, die versuchen, eine allergische Reaktion zu beurteilen, sehr schwierig machen. In der neuen Studie unter der Leitung von Kuehn und Prof. Markus Ollert, die in enger medizinischer Partnerschaft mit Dr. Morel-Codreanu von der Nationalen Abteilung für Allergologie und Immunologie am Centre Hospitalier de Luxembourg (CHL) erfolgte, wurde nach verschiedenen biologischen Markern im Blut von Kindern mit Verdacht auf Erdnussallergie während einer kontrollierten Exposition gegenüber Erdnüssen gesucht. Auf diese Weise wollten die Forscher Marker identifizieren, die es ihnen ermöglichen würden, vorherzusagen, wie eine Person auf eine Erdnuss-Exposition reagieren könnte. Diese Vorhersagen könnten nicht nur berücksichtigen, ob ein Kind auf Erdnüsse reagiert oder nicht, sondern auch, mit welchen Symptomen und auf Basis welcher Erdnussmenge. Dies könnte daher ein leistungsfähiges Diagnoseinstrument für Kliniker sein, das mühsame und kostspielige Verfahren überflüssig macht. Die Studie war die erste Studie ihrer Art, die diesen zeitabhängigen Aspekt der Immunreaktion bei Menschen untersucht hat und stellt somit einen Meilenstein in diesem Bereich dar. Untersucht wurden sechsundzwanzig Kinder im Durchschnittsalter von siebeneinhalb Jahren sowie sieben erdnussverträgliche Erwachsene, die als Kontrollgruppe dienten. Die Proben wurden den TeilnehmerInnen sowohl vor und während als auch eine Stunde nach dem Auftreten von Symptomen entnommen, nachdem ihnen unter ärztlicher Aufsicht im CHL kontrollierte Erdnussdosen verabreicht worden waren. Aus ihren Ergebnissen konnte das Team einige ermutigende Schlussfolgerungen ziehen. Erstens war es möglich, anhand der Immunsignaturen der TeilnehmerInnen zwischen Personen mit und ohne allergische Reaktion zu unterscheiden. Im Falle einer allergischen Reaktion zeigte sich im Allgemeinen, dass die Zahl spezifischer Immunzellen im Blut tendenziell geringer war, dafür aber die Anzahl der „Homing-Marker“ erhöht war, was darauf hindeutet, dass diese Zellen besser in das betroffene Gewebe eindringen können, wodurch Symptome hervorgerufen werden. Diejenigen PatientInnen, die trotz einer ausreichend hohen Allergendosis keine allergische Reaktion zeigten, wiesen zwar immer noch Anzeichen einer anhaltenden Entzündung auf, jedoch in einer wesentlich kontrollierteren Ausprägung und mit weniger Zellen, die in das betroffene Gewebe eindringen konnten. Ein zweiter Erfolg war die Identifizierung von Gruppen von Kindern, die höhere oder niedrigere Dosen von Erdnüssen tolerierten, bevor sie eine allergische Reaktion entwickelten, dies auf der Grundlage von Unterschieden in der Häufigkeit bestimmter weißer Blutkörperchen und anderer wichtiger Immunzellen. Mit den Ergebnissen konnte sogar festgestellt werden, ob die aufgetretenen Symptome in erster Linie die Haut oder den Magen-Darm-Trakt betrafen. Damit könnte sich diese Art der Analyse als äußerst nützlich für die Diagnose und Überwachung allergischer Reaktionen erweisen. „Dies ist die erste Studie am Menschen, in der die Immunantwort bei allergischen Reaktionen auf Lebensmittel direkt analysiert wird. Biomarker im Blut könnten nicht nur dazu beitragen, diagnostische Probleme in Bezug auf Lebensmittel zu verringern. Mit dem Wissen, das wir durch die Analyse unserer Immunreaktion in-vivo gewinnen, könnten wir in Zukunft zudem Lebensmittelallergien besser behandeln und verhindern”, erklärt Rebecca Czolk, Doktorandin und Mitautorin der Studie, die ebenfalls in der DII des LIH tätig ist.
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