Erfolgreiche Transplantation von Photorezeptoren in degenerierte Mäuseretinae21. Juni 2022 Transplantierte menschliche Zapfenphotorezeptoren (grün) in degenerierter Netzhaut der Maus. Unterstützende Zellen in der Wirtsnetzhaut (Müller-Glias, orange) in enger Interaktion mit dem Transplantat. ©JCI Dresdner Forschende haben eine effiziente Methode entwickelt, um eine große Anzahl menschlicher Photorezeptorzellen zu produzieren. Diese setzten sie zur Wiederherstellung der Wahrnehmung von Tageslicht bei Mäusen mit degeneriertem Sehvermögen ein. Die Transplantation von Photorezeptorzellen ist ein vielversprechender Eingriff, der in Zukunft dazu beitragen könnte, das Sehvermögen von Menschen mit Erblindungskrankheiten wiederherzustellen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Marius Ader vom Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden hat in einer neuen Studie, veröffentlicht im Journal „Clinical Investigations“, einen weiteren präklinischen Fortschritt erzielt. Die Wissenschaftler stellten erfolgreich menschliche Photorezeptorzellen her, welche sie in teilweise degenerierte Mäusenetzhäute einbauen konnten. Die inkorporierten Photorezeptoren entwickelten die Eigenschaften normaler Sehzellen und stellten die Wahrnehmung von Tageslicht in Mäusen mit geschädigtem Sehvermögen wieder her. Diese neue Untersuchung ist ein weiterer Schritt, um Zellersatztherapien für Patienten mit Erblindungskrankheiten zu entwickeln. „Unseres Wissens nach ist dies das erste Mal, dass jemand eine so umfassende Integration von transplantierten Photorezeptoren in der Netzhaut erreicht hat”, berichtet Ader. Zusammenspiel mehrerer FaktorenUm die Zahl der in die Netzhaut integrierten Photorezeptoren massiv zu erhöhen, optimierten die Forschenden mehrere kritische Faktoren. Unter anderem stellten sie fest, dass das Alter der transplantierten Sehzellen entscheidend ist. „Es ist uns gelungen, das perfekte Stadium für die Übertragung der Photorezeptoren in die Netzhaut zu finden. Wenn wir jüngere oder ältere Photorezeptoren verwenden, sehen wir einen starken Rückgang der Einbaurate”, erklärt Ader. Zudem fand das Team heraus, dass die Integration der Rezeptoren in die Netzhaut eine längere Zeit benötigt. „Wir haben gesehen, dass die Photorezeptorzellen viel Zeit brauchen – bis zu sechs Monate -, um mit den verbleibenden Zellen in der Mäusenetzhaut zu interagieren und ein geeignetes Netzwerk aufzubauen”, so der Studienleiter. Als Schlüsselfaktor hat sich die Interaktion mit den verbleibenden, nicht geschädigten Zellen in der Mäuseretina erwiesen. „Etwa 30 Prozent der Zellen in der Netzhaut sind andere Zellen, die die Arbeit der Photorezeptoren unterstützen. Wir haben gesehen, dass die Interaktion der transplantierten Zellen mit den Zellen der Netzhaut des Wirts entscheidend für die erfolgreiche Eingliederung und Reifung war. Einige dieser verbleibenden Zellen boten ein Gerüst für die neuen Photorezeptoren und halfen ihnen, sich richtig zu organisieren”, fügt der Forschungsgruppenleiter hinzu. Effiziente und unbegrenzte Quelle für PhotorezeptorenZur Herstellung von Photorezeptoren verwendete das Team Stammzellen. Sie züchteten nach einem von ihrem Kollaborationspartner Prof. Mike Karl entwickelten Protokoll Mini-Retinae in der Laborschale. Nach Erreichen des erforderlichen Stadiums entnahmen Dr. Sylvia Gasparini und Karen Tessmer die Photorezeptoren zur Transplantation. „Eine weitere Herausforderung ist die Gewinnung einer Spenderzellpopulation, die größtenteils aus Photorezeptoren besteht. Um dies zu erreichen, hat unser Kollaborationspartner Prof. Volker Busskamp eine neue Stammzell-Linie entwickelt, bei der die Zapfen-Photorezeptorzellen mit speziellen Markierungen versehen sind. Diese Markierungen beeinträchtigen nicht ihre Funktion, ermöglichen es uns aber, die Photorezeptoren effektiv von den übrigen Zellen in den Mini-Retinae zu trennen”, erklärt Ader. Solche induzierten pluripotenten Stammzell-Linien stellen praktisch eine unbegrenzte Quelle zur Herstellung von Photorezeptoren dar und können potenziell für künftige therapeutische Anwendungen genutzt werden. Tagsicht wiederherstellenDie Wissenschaftler konzentrierten sich in dieser Studie auf Mäuse mit teilweise degenerierten Netzhäuten, denen nur eine von zwei Arten der Photorezeptoren fehlte. „Die Mäuse hatten nur geschädigte Zapfen, die für das Sehen bei Tageslicht verantwortlich sind, eine Situation, die mit mehreren Erblindungskrankheiten bei menschlichen Patienten und Patientinnen vergleichbar ist”, so Ader. Der Ansatz unterschied sich von früheren Untersuchungen. Bisher waren die meisten Transplantationsversuche auf Modelle für Erblindungskrankheiten in einem sehr späten Stadium ausgerichtet, die durch die Degeneration aller Photorezeptoren gekennzeichnet sind. Zusammen mit Experten am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Tübingen, dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen der Universität Bonn, dem DRESDEN-concept Genome Center und den Elektronen- und Lichtmikroskopie-Einrichtungen am Center for Molecular and Cellular Bioengineering der TU Dresden hat das Team eine Vielzahl von Techniken eingesetzt, um die Reifung und Funktion der transplantierten Photorezeptoren gründlich zu überprüfen. Sie konnten nachweisen, dass die neuen implantierten Rezeptoren nicht nur die physiologischen Eigenschaften normaler Photorezeptoren annehmen, sondern auch, wie ihr Kollaborationspartner Prof. Günther Zeck zeigte, korrekt funktionieren und Signale an die nachgeschalteten Nervenzellen in der Netzhaut liefern. Ein neues Paradigma?„Wir waren begeistert, wie gut die Photorezeptoren dank der Unterstützung durch die Zellen der Wirtsmaus eingebaut wurden. Dieser Zusammenhang sollte in zukünftigen Transplantationsansätzen bedacht werden. Vielleicht könnte eine Intervention zu einem Zeitpunkt, an dem die Netzhaut noch in der Lage ist, mit dem Photorezeptortransplantat sinnvoll zu interagieren, auch bei Patientinnen und Patienten zu einem positiven Ergebnis führen”, sagt Ader abschließend. Originalpublikation: Gasparini J S et al. Transplanted human cones incorporate and function in a murine cone degeneration model. Clinical Investigations 2022. https://doi.org/10.1172/JCI154619
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