„Erheblicher Zusatznutzen“ für Diagnostikum bei fortgeschrittenem Prostatakrebs

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Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erkennt einen „erheblichen Zusatznutzen“ für die Diagnostik mit Gozetotid beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC).

Das IQWiG hat in einer frühen Nutzenbewertung untersucht, ob Gozetotid (mit sich ggf. anschließender nuklearmedizinischer Therapie), das in der Positronenemissionstomographie eingesetzt wird, Männern mit mCRPC einen Zusatznutzen bietet. Das Diagnostikum zielt auf das Prostataspezifische Membranantigen (PSMA) ab, das vermehrt auf Prostatakrebszellen vorkommt. Im Falle einer positiven Diagnostik schließt sich eine Therapie mit PSMA-gerichtetem Lutetium-177-vipivotidtetraxetan (kurz: Lutetium-177) an. Als Vergleich für die Nutzenbewertung diente die individuelle Therapie ohne Bestimmung des PSMA-Status (und folglich ohne den Einsatz einer auf PSMA abzielenden Therapie).

Wie das Institut in einer Mitteilung betont, kommt der gesundheitsbezogene Nutzen oder Schaden diagnostischer Verfahren im Wesentlichen erst durch die anschließenden therapeutischen oder präventiven Verfahren zustande. Gozetotid ist das einzige zugelassene Diagnostikum für die Detektion von PSMA-positiven Veränderungen bei Patienten mit Prostatakarzinom. Es ersetzt also keinen anderen Test, sondern erkennt einen neuen Erkrankungstyp (das PSMA-positive Prostatakarzinom), für den es eine wirksame Therapie gibt (Lutetium-177). Durch die Verknüpfung von Diagnostik und Therapie kann laut IQWiG für die frühe Nutzenbewertung des Diagnostikums Gozetotid die gleiche Studie VISION herangezogen werden wie für die bereits vorliegende frühe Nutzenbewertung des Therapeutikums Lutetium-177. Die aktualisierte Recherche des pharmazeutischen Unternehmers habe gezeigt, dass neben der Studie VISION – trotz des zeitlichen Abstands zur Nutzenbewertung des Therapeutikums Lutetium-177 – derzeit keine weitere Evidenz zu Gozetotid (gefolgt von Lutetium-177) vorliegt.

Aussagen zum Zusatznutzen nicht für alle Patienten möglich

Die Studie VISION ist eine unverblindete, randomisierte kontrollierte Studie im Anreicherungsdesign, an der 831 Männer mit PSMA-positivem Prostatakarzinom teilgenommen haben, jeweils nach PSMA-Diagnostik mit Gozetotid. Alle Patienten in der Studie VISION erhielten eine Hormonblockade und eine individuell angepasste Therapie. 551 Männer wurden zusätzlich mit Lutetium-177 behandelt. Als individuell angepasste Therapie wurden unter anderem die Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren Enzalutamid und Abirateron gegeben, Cabazitaxel und Olaparib waren nicht erlaubt. Somit decken die in der Studie eingesetzten Vergleichstherapien nicht alle für eine patientenindividuelle Therapie zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen im Anwendungsgebiet ab. Deswegen erlaubt, wie das IQWiG betont, die Studie VISION ausschließlich Aussagen zum Zusatznutzen von Gozetotid bei denjenigen Patienten, für die Abirateron in Kombination mit Prednison oder Prednisolon, Enzalutamid oder Best Supportive Care die jeweils patientenindividuell am besten geeignete Therapie darstellt.

Vor allem beim Gesamtüberleben weist die Studie auf einen Vorteil für Lutetium-177 nach PSMA-Diagnostik mit Gozetotid hin. Des Weiteren zeigen sich auch für die Studien-Endpunkte „Rückenmarkskompression“ und „Notwendigkeit einer Strahlentherapie zur Linderung von Knochenschmerzen“ jeweils positive Effekte. Zwar traten auch schwere Nebenwirkungen wie Myelosuppressionen auf, insgesamt stellen diese nach Beurteilung des IQWiG die Vorteile für die Patienten aber nicht infrage.

Das Bewertungsergebnis entspricht insgesamt der frühen Nutzenbewertung von Lutetium-177 vom Juli 2023: Für Patienten, bei denen Abirateron (mit Prednison oder Prednisolon), Enzalutamid oder Best Supportive Care die beste Therapie darstellt, zeigt sich ein erheblicher Zusatznutzen von Gozetotid im Vergleich zur zweckmäßigen Therapie. Bei Patienten, für die Cabazitaxel oder Olaparib die beste Wahl ist, ist der Zusatznutzen nicht belegt, da diese Therapien in der Studie nicht erlaubt waren.

(IQWiG/ms)