Erneut Zweifel an der Evidenz der STAR*D-Empfehlungen14. August 2025 Ein großer Teil der Patienten mit Depression spricht auf die erste Pharmakotherapie nicht an. Dann beginnt die Suche nach Alternativen. (Foto: © mitsyko1971 – stock.adobe.com) Viele Empfehlungen zur Dosiseskalation, Umstellung und Augmentation in der medikamentösen Behandlung von Depressionen basieren auf den Ergebnissen der STAR*D-Studie. Ein US-amerikanisches Forscherteam bezweifelt nun die Evidenz der empfohlenen Maßnahmen. STAR*D (Sequenced Treatment Alternatives to Relieve Depression)1 war eine kooperative Studie zur Behandlung von Depressionen, die vom US-amerikanischen National Institute of Mental Health finanziert wurde. Ihr Schwerpunkt lag auf der Behandlung von Depressionen bei Patienten, bei denen das erste verschriebene Antidepressivum sich als unzureichend erwiesen hatte. Ein wesentliches Merkmal der Studie war ihr Ziel, besser auf reale klinische Situationen übertragbar zu sein. Dies wurde durch minimale Ausschlusskriterien, die Berücksichtigung der Patientenpräferenzen und den Verzicht auf eine Verblindung der Behandlungen erreicht. Ein US-amerikanisches Forscherteam hat nun eine Übersichtsarbeit2 zu verblindeten, placebokontrollierten, randomisierten Studien (RCTs) verfasst, welche die in STAR*D empfohlenen Behandlungsschritte geprüft haben – und zumeist nicht reproduzieren konnten. Positive Belege nur für zwei Empfehlungen Wie Kevin Kennedy vom Corporal Michael J. Crescenz VA Medical Center in Philadelphia, USA, und Kollegen im „Journal of Clinical Psychopharmacology“ berichten, hatten sie RCTS zu folgenden Behandlungsschritten der STAR*D-Studie ausgewertet: Dosiserhöhung nach unzureichendem Ansprechen auf ein Antidepressivum (Level 1), Wechsel des Antidepressivums nach Nichtansprechen auf die Behandlung (Level 2 und 3), Ergänzung eines Antidepressivums durch Bupropion oder Buspiron (Level 2), Ergänzung eines Antidepressivums durch Lithium oder T3-Schilddrüsenhormon (Level 3) und Verwendung einer Kombination aus Mirtazapin und Venlafaxin (Level 4). Dabei zeigte sich, dass die meisten RCTs die Ergebnisse von STAR*D im Allgemeinen nicht bestätigen konnten. Von den wichtigsten Behandlungsschritten fanden Kennedy et al. nur für die Add-on-Therapie mit Lithium und die Kombination aus α2-Antagonisten und Serotonin-Wiederaufnahmehemmern positive Belege. Wie die Autoren jedoch anmerken, unterschieden sich Qualität und Quantität der verfügbaren RCTs für jede Behandlungsstufe. Zudem lagen den RCTs und STAR*D unterschiedliche Einschlusskriterien zugrunde. Wechselnde Einschlusskriterien, bessere Ergebnisse Dennoch werfen die Ergebnisse des Reviews den Autoren zufolge Fragen zur Evidenz weit verbreiteter Behandlungsstrategien nach unzureichendem Ansprechen auf ein erstes Antidepressivum auf. Sie legten zudem nahe, pragmatische Studien ohne Verblindung und Placebokontrolle mit Vorsicht zu interpretieren, und wiesen auf die Notwendigkeit hochwertiger RCTs zur zweiten und dritten Behandlungsstufe bei Depressionen hin, resümieren die Autoren. Schon kurz nach Publikation der Ergebnisse von STAR*D hatten Forschende kritisiert, dass während der Studie die Einschluss- und Ausschlusskriterien für Probanden geändert worden seien, was zu deutlich höheren Remissionsraten geführt habe als mit den ursprünglichen Kriterien zu erwarten gewesen seien.3,4 Zudem seien nur sieben Prozent der Probanden in Remission stabil geblieben und bis zum Ende in der Studie verblieben. Bei Beibehaltung der ursprünglichen Einschluss- und Ausschlusskriterien wären dies den Kritikern zufolge nur drei Prozent gewesen. (BIERMANN/ej)
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