Erstaunliches zum Osterfest: Herzforschung am Hühnerei

Ein geöffnetes Hühnerei mit sichtbarem Embryo und gut durchbluteter Membran: In diesem Entwicklungsstadium lassen sich Herzfunktionen mit hochauflösender Ultraschalltechnik analysieren. (Foto: ©DHZC/Gutbrod)

Wissenschaftler am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) erforschen, wie sich bestimmte Formen der Herzschwäche künftig besser behandeln lassen könnten – mit bebrüteten Hühnereiern anstelle von Labormäusen.

Für die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) stehen bislang nur wenige gezielte Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Forschende, die das ändern wollen, arbeiten häufig mit Tierversuchen an Ratten oder Mäusen. Solche Experimente erfordern jedoch sorgfältige ethische Abwägungen, aufwändige Genehmigungsverfahren – und sind entsprechend kostenintensiv.

Ein Team um Dr. Jana Grune und Dr. Niklas Hegemann vom DHZC sowie Dr. Bianca Nitzsche vom Institut für Physiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin arbeitet deshalb an einer Alternative: Die Forschenden wollen entsprechende Versuche künftig mit befruchteten Hühnereiern durchführen – anstelle von Labormäusen.

Was zunächst ungewöhnlich klingt, basiert auf einer einfachen wissenschaftlichen Grundlage: Hühnerembryonen verfügen in den ersten zwei Wochen der Bebrütung noch über kein Schmerzempfinden. Gleichzeitig ist das Herz in diesem Stadium bereits erstaunlich weit entwickelt – und reagiert auf äußere Reize ähnlich wie das Herz von Mäusen oder Ratten.

Erste Daten zur Anwendbarkeit und zum Nutzen dieses In-ovo-Modells für die kardiovaskuläre Forschung veröffentlichte Hegemann gemeinsam mit seinem Team bereits 2023 in der Fachzeitschrift „Basic Research in Cardiology“.

Mit dem Projekt „ShowMe“ (Simulation of Heart failure in Ovo With Microscopy and Echocardiography), gefördert von der Initiative Charité 3R, konnten Grune und Nitzsche zudem zeigen, dass sich verschiedene Herzparameter im Hühnerei mithilfe hochauflösender Ultraschalltechnik präzise erfassen lassen – ohne chirurgischen Eingriff, ohne Narkose, ohne Tierhaltung und mit deutlich geringerem bürokratischen Aufwand. Denn: Bis zum 13. Bebrütungstag gelten solche Experimente nicht als Tierversuche und müssen daher nicht genehmigt werden.

Ziel der aktuellen Projektphase am DHZC ist es, ein funktionierendes Krankheitsmodell der diastolischen Dysfunktion im Hühnerei zu etablieren. Dazu sollen Risikofaktoren wie eine fettreiche Ernährung und die Gabe blutdrucksteigernder Substanzen simuliert werden. Diese Faktoren führen bei Mäusen zu Übergewicht, Insulinresistenz und Bluthochdruck – Bedingungen, die auch beim Menschen die Entwicklung von HFpEF begünstigen. Das Forschungsteam will prüfen, ob sich vergleichbare pathophysiologische Reaktionen auch im Hühnerei nachweisen lassen.

Für dieses innovative Vorhaben wurde das Team im vergangenen Sommer mit dem mit 5000 Euro dotierten Preis der Schweizer Non-Profit-Organisation Animal Research Tomorrow ausgezeichnet.