Erste S3-Leitlinie Hodentumoren finalisiert22. Mai 2019 Sabine Kliesch, Leitlinienkoordinatorin für die DGU. Foto: Kliesch Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) erstmals eine S3-Leitlinie zu dem Thema Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens erarbeitet. Ziel der Leitlinie ist es, unter anderem die Nebenwirkungen der Therapie zu vermindern, eine Überversorgung mit beispielsweise Chemotherapien zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu steigern. Für Betroffene mit einem fortgeschrittenen Tumor soll eine bessere Behandlung und somit eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit erreicht werden. Mit jährlich rund 4000 Neuerkrankungen sind Keimzelltumoren des Hodens die häufigste Krebserkrankung bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren. „Die bereits jetzt guten Heilungschancen der Betroffenen weiter zu verbessern, ist das Ziel der ersten deutschen evidenzbasierten und interdisziplinären S3-Leitlinie zu Hodentumoren“, sagt Prof. Christian Wülfing, Pressesprecher der DGU. Die Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens“ wurde unter Federführung der DGU und der Deutschen interdisziplinären Hodentumorgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der DKG und der Deutschen Krebshilfe erstellt und jetzt in finaler Fassung publiziert. Die wissenschaftliche Arbeit sowie die Projektkoordination hatte dabei erstmals vollständig das Projekt UroEvidence der DGU übernommen. Evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen „Angesichts einer Flut hochwertiger internationaler Konsensuspapiere war die Zeit reif für eine nationale S3-Leitlinie, in der wir klare Empfehlungen für eine evidenzbasierte Diagnostik und Versorgung anhand wissenschaftlich gestützter Informationen herausgefiltert haben“, sagt DGU-Leitlinienkoordinatorin Prof. Sabine Kliesch. In der Leitlinie geben 15 Fachgesellschaften und 15 Arbeitsgruppen sowie Arbeitskreise von Fachgesellschaften und Patientenvertreter nun in 20 Kapiteln auf 240 Seiten evidenz- und konsensbasierte Handlungsempfehlungen für die an der Behandlung beteiligten Ärzte sowie für die Patienten. Keimzelltumoren des Hodens zählen zu den Krebserkrankungen mit den höchsten Überlebenswahrscheinlichkeiten und entsprechend hohen relativen Fünf-Jahres-Überlebensraten von zuletzt 96 Prozent. Auch nach zehn Jahren liegt dieser Anteil immer noch bei 95 Prozent. Allerdings zeigen Analysen des Nationalen Zweitmeinungsprojekts Hodentumor nach zehn Jahren Laufzeit und über 6000 Zweitmeinungen, dass jede fünfte Zweitmeinung zu einer Optimierung der Therapieplanung führt. „Die S3-Leitlinie soll die Prognose für alle Patienten verbessern und Über- sowie Untertherapie vermeiden“, so Kliesch. Dazu gehört die Empfehlung, dass Patienten mit metastasiertem Hodenkrebs in Einrichtungen mit ausgewiesener Expertise behandelt werden sollen. Nachsorge und Fertilitätserhalt Bei der Nachsorge sollte zur Minderung der Strahlenbelastung die Computertomographie des Abdomens und Beckens durch die Magnetresonanztomographie ersetzt werden, wenn diese an Zentren mit ausgewiesener Erfahrung erfolgen. Für eine adäquate Nachsorge zum Ausschluss eines Rezidivs empfiehlt die Leitlinie den verschiedenen Risikogruppen entsprechende Nachsorgeuntersuchungen und stellt tabellarische Pläne zum Download zur Verfügung. Außerdem berücksichtigt die Leitlinie therapiebedingte Spätfolgen und Langzeitschäden wie den Testosteronmangel oder kardiovaskuläre Risiken und legt besonderes Augenmerk auf den Fertilitätserhalt. „Spätestens vor Beginn einer Chemo- oder Strahlentherapie soll den Patienten die Kryokonservierung von Spermien angeboten werden“, sagt die DGU-Leitlinienkoordinatorin und betont, dass die Kostenübernahme für diese Maßnahme durch die Krankenkassen unmittelbar bevorstehe. Früherkennung Während ein allgemeines Screening zur Früherkennung nicht empfohlen wird, ist die regelmäßige Selbstuntersuchung der Hoden insbesondere bei jungen Männern sinnvoll. Bei Vorliegen von Risikofaktoren sollte laut Leitlinie das Vorliegen eines Keimzelltumors abgeklärt werden. Anerkannte Risikofaktoren sind die Vorerkrankung mit einseitigem Hodentumor, ein Hodenhochstand, eine positive Familienanamnese sowie Infertilität. „Anleitung zur Selbstuntersuchung gibt die DGU auf ihrem Internetportal www.hodencheck.de, das bereits 2017 anlässlich der urologischen Themenwoche Hodenkrebs eingerichtet wurde und Jugendliche und Männer ab dem Pubertätsalter zur regelmäßigen Eigenuntersuchung der Hoden aufruft“, erinnert DGU-Pressesprecher Wülfing. Mit der neuen Leitlinie haben die DGU und das Leitlinienprogramm Onkologie ihr Leitlinienangebot erneut ausgebaut und nach den S3-Leitlinien zum Prostatakarzinom, zum Nierenzellkarzinom und dem Harnblasenkarzinom nun die vierte onkologische Leitlinie höchster Klassifikation publiziert. Eine begleitende Patientenleitlinie zu Hodentumoren ist derzeit in Arbeit. (DGU/DKG/ms)
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