Erstmals uralte Mammut-RNA isoliert17. November 2025 Die RNA konnte aus Muskelgewebe von einem Bein von Yuka isoliert werden, das durch den Permafrost konserviert war. Bildquelle: Valeri Plotnikov Schwedischen Forschenden ist es erstmalig gelungen, aus den rund 40.000 Jahre alten Überresten eines Mammuts RNA zu isolieren und zu sequenzieren. Die Erkenntnisse verändern das Verständnis davon, ob und wie sich RNA konservieren lässt. Wollmammuts durchstreiften einst die eisigen Ebenen Eurasiens und Nordamerikas und waren perfekt an das Leben während der letzten Eiszeit angepasst. Mit ihrem dicken Fell, ihren gebogenen Stoßzähnen und ihrer imposanten Größe weideten sie auf den weiten Steppen, die sich über die nördliche Hemisphäre erstreckten. Mit der Erwärmung des Klimas verschwanden die Wollmammuts allmählich, die letzten kleinen Herden überlebten bis vor etwa 4000 Jahren auf abgelegenen arktischen Inseln. Forschenden der Universität Stockholm (Schweden) ist es nun erstmals gelungen, aus Mammutgewebe, das fast 40.000 Jahre lang im sibirischen Permafrostboden konserviert war, RNA zu isolieren und zu sequenzieren – die ältesten jemals extrahierten RNA-Sequenzen. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht worden. Einblick in die letzten Lebensmomente des Mammuts Die Sequenzierung prähistorischer Gene und die Untersuchung ihrer Aktivierung sind wichtig, um die Biologie und Evolution ausgestorbener Arten zu verstehen. Seit Jahren entschlüsseln Wissenschaftler die DNA von Mammuts, um ihr Genom und ihre Evolutionsgeschichte zusammenzusetzen. Die RNA schien bisher unerreichbar. Vermutlich hielt die lang gehegte Überzeugung, dass RNA zu empfindlich ist, um auch nur wenige Stunden nach dem Tod zu überleben, Wissenschaftler davon ab, sie überhaupt zu untersuchen. „RNA liefert uns direkte Hinweise darauf, welche Gene ‚aktiviert‘ sind. So gewinnen wir einen Einblick in die letzten Lebensmomente dieses Mammuts während der letzten Eiszeit. Diese Informationen lassen sich nicht allein aus der DNA gewinnen“, erklärt Emilio Mármol-Sánchez, Erstautor der Studie und ehemaliger Postdoktorand an der Universität Stockholm. Gewebespezifische Genexpression identifiziert Das Team um Mármol-Sánchez erhielt Zugang zu den Überresten von Yuka, einem jugendlichen Mammut, das im August 2010 im sibirischen Permafrostboden entdeckt wurde und mutmaßlich um die 40.000 Jahre alt ist. Der Kadaver gilt als der am besten erhaltene eines Wollmammuts. In seinem Muskelgewebe konnten die Forschenden nun tatsächlich gewebespezifische Muster der Genexpression identifizieren. Die nachgewiesenen RNA-Moleküle kodieren dabei für Proteine mit Schlüsselfunktionen bei der Muskelkontraktion und der Stoffwechselregulation unter Stress. „Wir fanden Anzeichen von Zellstress, was vielleicht nicht überraschend ist, da frühere Forschungen darauf hindeuten, dass Yuka kurz vor seinem Tod von Höhlenlöwen angegriffen wurde“, so Mármol-Sánchez. Auch regulatorische microRNAs erhalten Darüber hinaus fanden die Forschenden eine Vielzahl von regulatorischen RNA-Molekülen. „RNAs, die nicht für Proteine kodieren, wie beispielsweise microRNAs, gehörten zu den spannendsten Ergebnissen, die wir erzielt haben“, sagt Marc Friedländer, außerordentlicher Professor am Institut für Molekulare Biowissenschaften, dem Wenner-Gren-Institut der Universität Stockholm und dem SciLifeLab. „Die muskelspezifischen microRNAs, die wir im Gewebe gefunden haben, sind ein direkter Beweis für die Genregulation, die damals in Echtzeit stattfand. Es ist das erste Mal, dass so etwas erreicht wurde“, fährt er fort. Die identifizierten microRNAs halfen dem Team auch dabei, zu bestätigen, dass die Funde tatsächlich von Mammuts stammten. „Wir haben seltene Mutationen in bestimmten microRNAs gefunden, die einen eindeutigen Beweis für ihren Ursprung in Mammuts liefern. Wir haben sogar neue Gene entdeckt, die ausschließlich auf RNA-Befunden basieren, was bei so alten Überresten noch nie zuvor versucht wurde“, erklärt Bastian Fromm, außerordentlicher Professor am Arctic University Museum in Norwegen (UiT). Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen „Unsere Ergebnisse zeigen, dass RNA-Moleküle viel länger überleben können als bisher angenommen. Das bedeutet, dass wir nicht nur untersuchen können, welche Gene bei verschiedenen ausgestorbenen Tieren aktiv waren, sondern auch RNA-Viren wie Influenza- und Coronaviren sequenzieren können, die in Überresten aus der Eiszeit konserviert sind“, fügt Love Dalén hinzu, Professor für Evolutionary Genomics an der Universität Stockholm und dem Centre for Palaegenetics. In Zukunft hoffen die Wissenschaftler, prähistorische RNA mit DNA, Proteinen und anderen konservierten Biomolekülen in Studien kombinieren zu können. „Solche Studien könnten unser Verständnis von ausgestorbenen Megafauna-Arten und anderen Spezies grundlegend verändern und die vielen verborgenen Schichten der Biologie offenbaren, die bis heute in der Zeit eingefroren geblieben sind“, schließt Mármol-Sánchez. (mkl/BIERMANN)
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