Erweiterte Lymphadenektomie verbessert nicht das Überleben bei Blasenkrebs

Symbolbild: Yurii Kibalnik – stock.adobe.com

In einer aktuellen randomisierten Studie führte die erweiterte Lymphadenektomie bei Patienten mit muskel­invasivem Blasenkrebs, die sich einer radikalen Zystektomie unterzogen, im Vergleich zur Standard-Lymphadenektomie nicht zu einer Verbesserung des krankheitsfreien und des Gesamtüberlebens (DFS, OS). Sie war jedoch mit einer höheren perioperativen Morbidität und Mortalität verbunden.

Die Urologen um Seth P. Lerner vom Baylor College of Medicine Medical Center in Houston (TX, USA) nahmen in ihre Studie Patienten mit lokalisiertem muskelinvasiven Blasenkrebs im klinischen Stadium T2–T4a mit ≤2 positiven Lymphknoten auf. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 nach dem Zufallsprinzip einer bilateralen Standard-Lymphadenektomie (Dissektion der Lymphknoten auf beiden Seiten des Beckens) oder einer erweiterten Lymphadenektomie zugewiesen.

Beim erweiterten Verfahren entfernten die Operateure zusätzlich die gemeinsamen iliakalen sowie die präischialen und präsakralen Lymphknoten. Die Randomisierung erfolgte während der Operation, stratifiziert nach Erhalt und Art der neoadjuvanten Chemotherapie, Tumorstadium (T2 vs. T3/T4a) und Performance-Status nach Zubrod (0/1 vs. 2; bewertet auf einer 5-Punkte-Skala, wobei höhere Werte eine stärkere Behinderung anzeigen). Das primäre Ergebnis war das DFS. Das OS und die Sicherheit wurden ebenfalls bewertet.

Von 658 aufgenommenen Patienten wurden 592 geeignete Patienten nach dem Zufallsprinzip einer erweiterten Lymphadenektomie (292 Patienten) oder einer Standard-Lymphadenektomie (300) unterzogen. Die Operation wurde von 36 Urologen an 27 Standorten in den USA und Kanada durchgeführt. 57% der Patienten hatten eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten. Bei einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 6,1 Jahren war es bei 130 Patienten (45%) in der Gruppe mit erweiterter Lymphaden­ektomie und bei 127 (42 ) in der Gruppe mit Standard-Lymphadenektomie zu einem Rezidiv oder Tod gekommen. Das geschätzte 5-Jahres-DFS lag bei 56% bzw. 60% (Hazard Ratio [HR] für Rezidiv oder Tod 1,10; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,86–1,40; p=0,45). Das OS nach 5 Jahren belief sich auf 59% in der Gruppe mit erweiterter Lymphaden­ektomie und auf 63% in der Gruppe mit Standard-Lymphadenektomie (HR für Tod 1,13; 95%-KI 0,88–1,45).

Höhere Morbidität und Mortalität bei erweitertem Verfahren

Unerwünschte Ereignisse der Grade 3–5 traten bei 157 Patienten (54%) in der Gruppe mit erweiterter Lymphadenektomie und bei 132 (44%) in der Gruppe mit Standard-Lymphadenektomie auf (p=0,01). Innerhalb von 90 Tagen nach der Operation verstarben 19 (7%) bzw. 7 Patienten (2%).

“Die Ära der extendierten Lymphadenektomie ist damit definitiv beendet – was auch nicht überrascht”, kommentiert Kompakt-Urologie-Herausgeber Prof. Michael Stöckle (Ausgabe 7/2024). Er weist darauf hin, dass die frühen erfolgversprechenden retrospektiven Serien aus den 1990er-Jahren “durchweg schwere methodische Mängel” gehabt hätten. “Die LEA-Studie1 als einzige vorgängige prospektive Studie war ja auch schon mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen worden”, erinnert der ehemalige Generalsekretär und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie, “auch wenn man in der S3-Leitlinie von 2019 immer noch eine ‘Kann’-Empfehlung für die extendierte OP belassen hat, an der sich auch sehr viele Operateure orientiert haben”.

(ms)

Literatur:

  1. Gschwend JE, Heck MH, Lehmann J et al. Extended Versus Limited Lymph Node Dissection in Bladder Cancer Patients Undergoing Radical Cystectomy: Survival Results from a Prospective, Randomized Trial. Eur Urol 2019 Apr;75(4):604-611.