„Es droht eine massive Schädigung der ambulanten Versorgungsstrukturen“

Nennt den Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes einen “massiven Affront”: Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. (Foto: © Lopata/axentis.de)

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes hat der GKV-Spitzenverband gefordert, die geplante Reform nicht auf dem Rücken der Versicherten zu finanzieren und stattdessen unter anderem die Punktwertzuschläge für die Jahre 2023 und 2024 auf den Stand von 2022 einzufrieren. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wertet dies als “bewussten Affront”.

„Der GKV-Spitzenverband geht wohl davon aus, dass seine Forderungen bei der Ampelkoalition und deren Gesundheitsminister Prof. Lauterbach auf offene Ohren treffen und ignoriert kaltschnäuzig die Arbeit der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen und ihrer Teams. Dass die Kassen damit grob die Interessen der Patientinnen und Patienten missachten, stört offensichtlich niemanden mehr. Die Kassenfunktionäre sagen ganz klar, dass sie nicht bereit sind, die Struktur der ambulanten Versorgung weiterzuentwickeln und versagen notwendige Finanzmittel. Das heißt umgekehrt, dass die niedergelassenen Hausärzte und Fachärzte sowie die Psychotherapeuten ihre Leistungen deutlich einschränken müssen und werden. Wir müssen den Patientinnen und Patienten dann auch klar sagen, wer dafür verantwortlich ist: die Krankenkassen“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV, in einer ersten Stellungnahme. „Wir werden gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen deutliche Konsequenzen gegenüber den Krankenkassen ziehen und uns dazu schnellstmöglich abstimmen. Einen solchen Affront der Kassenseite hat es noch nie gegeben“, kündigte er gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Thomas Kriedel an.

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes fordere der Kassenverband den Gesetzgeber auf, den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten einen Inflationsausgleich für die Jahre 2023 und 2024 vorzuenthalten, kritisierte die KBV. Zudem solle nach den Vorstellungen der Kassenseite der Orientierungswert für das Jahr 2024 auf dem Niveau 2023 und Punktwertzuschläge für die Jahre 2023 und 2024 auf den Stand von 2022 eingefroren werden, monierten die Ärztevertreter.

„Die Auswirkung einer solchen Neuregelung bestünde darin, dass damit nicht nur eine finanzielle Nullrunde für Praxen im Jahr 2024 bewirkt wäre, sondern zudem für die Jahre 2023 und 2024 jeglicher Spielraum für die Vereinbarung höherer Zuschläge verunmöglicht würde. Der Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes läuft daher im Ergebnis nicht nur auf eine doppelte Nullrunde hinaus, sondern bedeutet durch die Inflation im Lande eine reale Mittelkürzung von acht bis zehn Prozent pro Jahr“, erklärte KBV-Chef Gassen. „Dieses Verhalten des GKV-Spitzenverbandes dokumentiert, dass ihm die Versorgung der Menschen in unserem Land vollkommen egal ist. Dies kann von der KBV, den KVen und den Niedergelassenen nicht mehr toleriert werden“, führte Hofmeister aus.

Angesichts “dieses bewussten und gewollten massiven Affronts” stelle sich die Frage, ob mit dem GKV-Spitzenverband nicht nur gegenüber dem KV-System, sondern insbesondere gegenüber dem gesamten ambulanten Versorgungsbereich noch ernsthaft verhandelt werden könne, erklärte die KBV. “Hier droht eine massive irreversible Schädigung der Versorgungsstrukturen in unserem Land“, stellten die KBV-Vorstände klar.