EU-Medizinprodukteverordnung erschwert sinnvolle Implantatversorgung21. Oktober 2022 Foto: Ralf/stock.adobe.com 2017 hat das EU-Parlament eine neue Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) erlassen, die in Deutschland in Kraft tritt. Auch Bestandsprodukte sind betroffen, was für Prof. Dietmar Pennig, den stellvertretenden Generalsekretär der DGOU, besonders problematisch ist. Die MDR regelt die Zulassung von mehr als 450.000 Medizinprodukten in Europa, auch Endoprothesen. Ihre hohen, für neue Produkte sinnvollen Anforderungen gelten jedoch auch für Bestandsprodukte, die seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt werden. „Die Verordnung schert alles über einen Kamm, dass ist zu undifferenziert“, kritisierte Pennig. Für die Hersteller der Aufwand der Re-Zertifizierung in keinem Verhältnis zum Verkaufserlös älterer Produkte steht, sind erste Produkte bereits nicht mehr verfügbar. Als konkretes Beispiel für betroffene Produkte nannte Pennig Prothesen für Patienten mit Hüften, die nicht richtig ausgereift sind, die schon in einer relativ frühen Lebensphase mit Prothesen versorgt werden müssten. „Schon bald können bewährte Endoprothesen, Nägel und Platten ganz vom Markt verschwinden“, warnte Pennig. „In der Folge kann die Versorgung von Patienten mit Gelenkersatz nicht mehr auf dem bisherigen Niveau erbracht werden. Denn Operateure werden andere Implantate als bisher verwenden müssen, mit denen sie weniger Erfahrung haben und für die keine Langzeitergebnisse vorliegen. Außerdem werden wesentlich ausgedehntere Revisionseingriffe nötig, wenn für ältere Implantate keine Wechsel-Ersatzteile mehr verfügbar sind.“ Pennig kritisierte auch den „enormen Rückstau“ bei der Re-Zertifizierung, weil die damit beauftragten benannten Stellen es gar nicht schafften „den Berg abzuarbeiten“. Zudem gehe die Regelung daran vorbei, was „wirklich unter Beobachtung gehört“, nämlich „neu eingeführte Implantate und wirkliche Neuigkeiten“. Die DGOU begrüße zwar grundsätzlich die MDR-Initiative, da sie zu mehr Sicherheit aller Medizinprodukte führen soll. Für langjährig bewährte Produkte seien die Vorgaben jedoch ethisch nicht vertretbar und wissenschaftlich nicht sinnvoll. Die DGOU fordert, unter Berücksichtigung der vorliegenden umfassenden Qualitätsdaten aus den bestehenden Endoprothesen- und Traumaregistern der Fachgesellschaften, eine deutlich erleichterte Freigabe für ältere Produkte und insgesamt eine Nachbesserung bei der Umsetzung der MDR. (ja)
Mehr erfahren zu: "Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg" Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg Mit einem Bündel an Maßnahmen versucht die Uniklinik Mainz seit Jahren, aus den roten Zahlen zu kommen – und verbucht auch nach Meinung des Landes einen Teilerfolg.
Mehr erfahren zu: "EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen" EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen Die EU-Staaten rücken mit dem Start des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) und des europäischen Nutzenbewertungsverfahrens (EU-HTA) zusammen. Experten diskutierten den Nutzen von EHDS und EU-HTA mit Blick auf den Datenschutz im […]
Mehr erfahren zu: "Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben" Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben Kleine Stichproben: Wie lassen sich trotzdem valide wissenschaftliche Ergebnisse gewinnen? Dieser Frage widmet sich das neue Projekt von Prof. Markus Neuhäuser, Professor für Statistik am Campus Remagen der Hochschule Koblenz.