EU-Projekt MOON: Augenscanner detektiert neurodegenerative Erkrankungen

Das EU-Projekt MOON vereint in einem multimodalen Augenscanner Möglichkeiten der optischen Kohärenztomographie und der Raman-Spektroskopie. Illustration: © madejadesign – stock.adobe.com

In einem großangelegten EU-Projekt unter Beteiligung der Medizinischen Universität (MedUni) Wien mit internationalen Partnern wurden die Möglichkeiten der Optischen Kohärenztomographie (OCT) und der Raman-Spektroskopie in einem neuartigen Augenscanner zusammengeführt. Diese Technologie bietet nun Information auf molekularer Ebene zusätzlich zu der Darstellung der Strukturen im Auge. Damit erhofft man, neben Augenerkrankungen und Diabetes auch neurodegenerative Erkrankungen im Frühstadium erkennen zu können.

Ein multimodaler Augenscanner, der neben der hochaufgelösten Struktur mittels OCT auch eine sensitive molekulare Charakterisierung des Gewebes liefert, wurde im Rahmen des Projektes MOON entwickelt. Dazu werden die Möglichkeiten von OCT mit jenen der Raman-Spektroskopie kombiniert. Die letztere Technologie spürt durch Licht feinste Molekülschwingungen auf. Der “Chor der Moleküle” im Gewebe erzeugt damit ein charakteristisches Spektrum, aus dem sich die Gewebezusammensetzung erschließt. Mit der vereinten Expertise der Projektpartner im MOON-Projekt konnte somit erstmals ein multimodales Gerät entwickelt werden, das sowohl OCT- als auch Raman- spektroskopische Daten aus dem lebenden menschlichen Auge liefert.

Frühe Krankheitserkennung für höhere Heilungschancen
Biochemische Veränderungen aufgrund von krankheitsbedingten Änderungen des Stoffwechsels setzen lange vor tatsächlichen Gewebeschäden ein, welche vor allem in der Netzhaut zu unwiederbringlichem Verlust der Sehfähigkeit führen können. Je früher solche Veränderungen erkannt werden, desto besser ist dies für die Patienten, da viele Therapien krankheitsbedingte Schäden zwar nicht rückgängig machen können, aber darauf abzielen, sie zu stoppen. Die frühzeitige Diagnose von Erkrankungen erfordert daher idealerweise neben einer Strukturbildgebung auch eine spektroskopische und funktionelle Erfassung des Gewebestatus. Die Bildqualität und Bildgröße für OCT und OCT-Angiographie, die mit dem im Projekt entwickelten Prototypen erreicht werden, sind laut Mitteilung der MedUni Wien “weltweit einzigartig”. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz erlaube eine zusätzliche Kontrastverbesserung der OCT-Angiographien für funktionelle Bildgebung.  

Neben Augenerkrankungen auch neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns früh erkennbar
Eine an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien laufende Studie zeigt die Relevanz dieser neuen OCT-Technologie für eine verbesserte Augendiagnostik und Behandlungsplanung sowohl bei Diabetespatienten als auch für andere Erkrankungen des Augenhintergrundes. Die MedUni Wien ist mit diesen Ergebnissen nach eigenen Angaben “weltweit federführend in der Etablierung neuer Standards in der retinalen Diagnostik basierend auf OCT alleine”.

In laufenden klinischen Studien mit Partnern aus Augenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie, Nuklearmedizin und Klinischer Pharmakologie an der MedUni Wien werden nicht nur Erkrankungen des Auges untersucht, sondern auch neurodegenerative Erkrankungen. Das Auge dient dabei als Fenster zum Gehirn mit der Hypothese, die sich aus zahlreichen Studien bestätigt, dass neurodegenerative Erkrankungen auch zu Veränderungen des sensiblen Nervengewebes der Netzhaut führen. Als ein Beispiel solcher neuraler Erkrankungen wird Alzheimer untersucht. In den laufenden klinischen Studien im Projekt MOON konnten nun weltweit erste relevante Raman-Spektren aus dem menschlichen Auge aufgenommen werden – mit ersten Hinweisen auf das diagnostische Potenzial.

Weitere Studien, so heißt es weiter, seien bereits mit den klinischen Partnern aus der Ophthalmologie und der klinischen Pharmakologie an der MedUni Wien angedacht. Diese sollen die Validität der Raman-Spektroskopie sowohl für die Diabetesdiagnostik als auch für andere neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson prüfen.

Internationales Projekt im EU-Rahmenprogramm H2020
Im Projekt „MOON“ (multimodale optische Diagnostik für altersbedingte Erkrankungen des Auges und des Zentralnervensystems) arbeiten Partner aus Österreich – vertreten durch das Zentrum für Medizinische Physik der MedUni Wien – Deutschland, Frankreich und den Niederlanden daran, neue Technologien für die Frühdiagnose dieser Erkrankungen zu entwickeln und erfolgreich in der Therapie und Diagnostik anzuwenden.
Das Verbundprojekt MOON wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Horizon2020-Programms (Projektnummer 732969) gefördert. Projektpartner sind die MedUni Wien, das Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT), TNO Optics Expertise Group Delft; Carl Zeiss AG, HORIBA S.A.S. und INNOLUME GmbH. Link zur MOON-Webseite: https://moon2020.meduniwien.ac.at/

Medizinische Universität Wien